Montag, 30. Dezember 2013

Alltag ist Treibsand

90. 30.12.2013

Mit Chennai ist es mittlerweile wie mit Eldoret, sprich man gewöhnt sich an seine Umgebung, so krass sie auch sein mag. Ich verlasse das Hotel meistens erst um 11 mittags, hole mir im benachbarten Restaurant Frühstück (sehr gewöhnungsbedürftig, die Südinder mögen es scharf und bereits das Frühstück beinhaltet Chilli oder Zwiebel) und finde eine Beschäftigung für den Tag. Ab und zu treffe ich Konrad oder Ravi und so vergeht die Zeit weiterhin bis zum 4. Januar. Das ist der Stichtag, an dem es wieder losgeht. Zuerst nach Pondicherry, dann nochmal ein Stückchen zurück in Richtung Chennai und dann... wird man sehen.

Samstag, 28. Dezember 2013

Stadtbesichtigung 2

88. 28.12.2013

Ich muss meinen Tagesrhythmus mal wieder ändern, seit meinem Nachtflug stehe ich kaum mehr vor 10 auf. In Anbetracht der Tatsache, dass Tageslicht hier essentiell für Unternehmungen ist, ist das ungünstig. Die self-guided Stadttour geht heute weiter mit einem Besuch der AVM Filmstudios, die nach Mumbai den zweitgrößten Ausstoß an Bollywood Filmen haben. Das klingt jetzt sehr abwertend, aber tatsächlich sind die Filme absolut austauschbar und nach unseren Maßstäben schlecht. Aber das braucht hier niemanden zu kümmern, die meisten Inder gehen nicht ins Kino wegen dem innovativen Drehbuch, der oscarreifen Schauspielleistung oder der neuen 8D 760 frames per second Technologie. Einen guten Hinweis gibt der Name des besten Kinos Chennais: Escape. Kino ist Realitätsflucht und heile Welt. Schöne Männer, schönere Frauen, teure Autos, westliche Großstädte und (immer!) Happy Ends. Ausgedehnt auf Spielzeiten von 3 bis 4 Stunden. Ich habe auf jeden Fall vor, mir einmal einen solchen Film im Kino anzusehen und sei es nur wegen des kulturellen Verständnisses.
Die Studios sind heute leider leer, es wird nur ein bisschen umgebaut. Das Gelände sieht ziemlich schäbig aus und ich bin mir nicht sicher, wo genau dort die traumhaften Bilder entstehen. Fast gegenüber liegt ein Gebäude, das mich durch seine Imposanz schon auf der Hinfahrt angezogen hat. In Dubai wäre es in einem normalen Straßenblock nicht aufgefallen, aber in hier ist es herausragend. Um die Idee einer Vorstellung zu kriegen, versuche ich es mal so: Chennai sieht so aus, als hätte man den hässlichen Teil Ostberlins 20 Jahre verfallen lassen und dann fünfmal so viele Menschen hineingepfercht wie vorher.
Das Gebäude stellt sich als Shoppingmall heraus, ziemlich groß sogar nach deutschen Verhältnissen und voll mit westlichen Marken (Mark & Spencer, Body Shop, KFC etc.). Im Gegensatz zu Kenia und Tansania, wo der moderne Kapitalismus noch in den Kinderschuhen steckt, kann man in Indien, zumindest in den Großstädten, alles bekommen was man von daheim gewohnt ist. Aber hier ist das die Speerspitze einer langsamen Entwicklung, die wiederum höchstens ein Drittel der Bevölkerung betrifft, der Rest lebt weiterhin wie schon die Jahrhunderte zuvor (vlt. mit einem Fernseher). Wahrscheinlich wegen der Bevölkerungsdichte und Urbanisierung kommen mir die sozialen Kontraste hier noch viel krasser vor. Häufig hört man, dass wohl jedes andere Land mit solchen Spannungen schon lange im Bürgerkriegszustand wäre. Dass es nicht dazu kommt wird auf den Hinduismus zurückgeführt. Der ist ziemlich fatalistisch, was einerseits Toleranz und Friedfertigkeit fördert, andererseits Eigenantrieb erstickt.
Von den positiven Aspekten bekomme ich am Abend noch etwas mit, als ich zwei Tempel besuche. Selbst in den für islamische Verhältnisse toleranten Vereinigten Emiraten waren fast alle Moscheen nur für Muslime zugänglich. Hier hingegen darf ich bis auf das Innerste eines Tempels alles betreten und Fotos machen. Die Tempel sehen meistens so aus, wie man sie sich vorstellt. Aufwendige Kuppelverzierungen, Gottheiten, viele Kerzen, Opfergaben und Räucherstäbchen. Es riecht richtig angenehm, keine Spur von der Mischung aus Abgasen und Fäkalien 100 Meter entfernt.

Stadtbesichtigung

87. 27.12.2013

Das erste Mal habe ich so etwas wie ein Programm für den Tag, nämlich die Stadt zu besichtigen. Leichter gesagt als getan, denn Chennai ist riesig und hat kein Zentrum, sondern mehrere zentrale Viertel mit einigen Kilometern Durchmesser. Ich beginne chronologisch beim Fort St. George, ehemals von den Briten errichtet, heute Provinzregierungssitz. Neben einer netten Kapelle hat es aber nicht viel zu bieten, weil alle Museen an Freitagen geschlossen sind. Also weiter zum High Court Building, unspektakulär, und zum Stadtstrand mit den ehemaligen Reichenanwesen für die Kolonialherren. Hätte mein Reiseführer nicht ausdrücklich davor gewarnt (Verschmutzung), ich wäre sofort ins Wasser gesprungen. Wenn man vom Müll absieht, ist das echt ein toller Stadtstrand. So lese ich statt dessen und mache Fotos mit jungen Indern, bzw. sie mit mir. Mir ist schleierhaft, welche Art von Prestige aus Bildern mit einem Blondschopf hervorgeht, aber es ist ein guter Weg, um Locals kennenzulernen.
Abends treffe ich mich erneut mit Ravi, der mir, ganz der Literaturstudent, seine Lieblingsbuchhandlung zeigt. Wie für alles andere gilt auch hier: Viel billiger als irgendwo sonst.
Im Hotel angekommen geht das warme Wasser den vierten Tag in Folge nicht, was ich zum Anlass nehme, dem Manager mit einer vernichtenden Review auf TripAdvisor zu drohen. Das funktioniert meistens, so auch dieses Mal. Am nächsten Morgen ab sechs Uhr funktioniert Warmwasser. Woher ich den Zeitpunkt weiß? Entweder aus überbordender Hilfsbereitschaft oder um mich zu ärgern hat mich der Rezeptionist um diese Uhrzeit angerufen und die erfreuliche Nachricht mitgeteilt. Wenn sie es jetzt noch hinbekommen mein Zimmer zu säubern bin ich vollends zufrieden.

Freitag, 27. Dezember 2013

Es kann losgehen

86. 26.12.2013

Ein weiteres Mal ausschlafen, lesen, surfen. Zeit habe ich ja genug. Um elf kriege ich die erhoffte Nachricht von Konrad über seinen Aufenthaltsort. Er wurde kurzerhand ins teuerste Hotel Chennais umgebucht, wo er bis zum 4. Januar umsonst wohnt. Endlich bekomme ich meine ersehnten Reiseführer und außerdem Plätzchen und Massen an Sonnencreme. Den restlichen Tag stöbere ich fast ausschließlich in den Büchern, bis mich irgendwann der Hunger nach draußen treibt. Von Erholung kann bei einem "Spaziergang" in einer indischen Großstadt keine Rede sein. Man muss permanent aufpassen, um nicht ange- oder überfahren zu werden, vom Überqueren einer Straße ganz zu schweigen. Dabei hält man sich, wenn einem sein Leben lieb ist, an die Regel "once started, don't stop". Die Tuktuks, Motorräder, Autos, Lkws und Busse kalkulieren einen stur querenden Passanten ein und fahren (meistens zumindest) dementsprechend. Ohne Übung fehlt einem deutschen Verkehrsteilnehmer aber die dazu erforderliche Unverfrorenheit bzw. Todesverachtung (wir werden schließlich auch nicht wiedergeboren), sodass das allerbeste einfach ist, sich neben einen Inder zu stellen und dessen Loslaufen abzuwarten.
Nachdem ich die Reiseführer habe, steht weitergehenden Expeditionen nichts mehr im Weg und mein Bauchgefühl sagt langsam auch, dass ich lange genug vorsichtig erkundet habe. Mein Reiseführer empfiehlt dagegen, Chennai nach Ankunft in Indien ganz zu meiden und statt dessen lieber in einen kleineren, idyllischeren Ort zu ziehen. Wenn ich also die zwei Wochen hier heil überstehe, sollte der Rest des Landes auch kein Problem sein.

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Annäherungsversuche

85. 25.12.2014

Ich schlafe lange aus, schließlich halten sich meine Pläne für den Tag in Grenzen. Mehr als indisch essen, Konrad suchen (und nicht finden) und viel skypen mache ich heute auch nicht, ich bin noch in der Akklimatisierungsphase. Fest steht, dass Indien nicht nur nach deutschen, sondern auch afrikanischen Maßstäben billig ist, 20€ am Tag sind ohne Extravaganzen kaum zu erreichen. Morgen treffe ich dann hoffentlich Konrad und komme an meine Reiseführer, damit ich meinen weiteren Aufenthalt hier planen kann.

Buchstabensuppe

Alles ein bisschen textlastig zur Zeit, ich weiß, aber aus unerfindlichen Gründen mag das Netzwerk keine Bilder hochladen. Also erfreut euch fürs erste an meinen erlesenen Worten, wenn möglich, füge ich ihnen später noch bilder hinzu.

Auf eigenen Füßen

84. 24.12.2013

Bisher dachte ich, das Essen auf Langstreckenflügen sei eine der wenigen Konstanten im Leben: Hühnchen ohne Knochen, ein wenig weichgekochtes Gemüse und Reis, dazu Salat und Salzcracker. Auf den ersten Blick sieht es auch dieses Mal so aus, bis ich die grüne Chillischote im Salat probiere. Seit meiner letzten 2 Millionen Scoville Currywurst-Mutprobe hat mein Mund nicht mehr so geschmerzt, aber damals hatte ich einen Liter Milch. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man die Airline dafür auf Deutschlandflügen verklagen könnte, denn gewarnt wird nirgends. Ein Bissen reicht mir, selbst die Inder neben mir rühren die Chilli nicht an. Eine Stunde unruhigen Schlafes später lande ich in Chennai und bin erst einmal erstaunt. Der Flughafen ist schon dreckig, aber ziemlich groß und modern. Auch die ersten Straßen sind zwar alt, aber um Längen besser als alles was ich in Afrika gesehen habe. In die Stadt fahre ich mit einer Art S-Bahn, die dank der Uhrzeit (6:00 morgens) nicht überfüllter ist als ein deutscher Regio. Die knapp 20km in die Stadt kosten 6ct, das Tuktuk von dort zum Hotel 1,20€, was maßlos überteuert aber immer noch billig ist. Ich will nur noch ausschlafen, aber zuvor mache ich meine erste Bekanntschaft mit indischer Bürokratie. Das Hotel braucht eine Buchungsbestätigung und eine Passkopie auf Papier. Immerhin kann ich das auf später verschieben und erstmal mein Zimmer sehen. Es ist potthässlich, hat aber alles was man so braucht zum Überleben braucht, in der unteren Preiskategorie nicht selbstverständlich. Als ich mich ins Bett fallen lasse, überkommt mich ein ziemlich mieses Gefühl, basierend auf "du bist alleine in einem fremden Land, kennst niemanden, hast keine Infos und musst dir selbst helfen". Trotzdem schlafe ich irgendwie ein und sogar ganz gut. Nach dem Aufwachen sind meine Tagesziele eine SIM Karte zu bekommen und Leidensgenossen für Heiligabend zu finden. Ersteres gelingt mit sehr viel Herumfragen und Bürokratie (beste Situation: beim Passbilder schießen lassen für den Antrag auf eine SIM Karte werde ich nach meiner indischen Nummer gefragt), zweiteres auch, aber anders als erwartet. Ich hatte gehofft, irgendwo einen Backpackerspot zu finden und dort Leute zu fragen. Das ist mir nicht gelungen, dafür habe ich einen Inder kennen gelernt der englische Literatur studiert hat und den Zeugen Jehovas angehört und mir abends eine Einführung in sein Land und ein Essen ausgibt. Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt, Heiligabend nicht daheim zu sein. Zum größten Teil war es wohl so unproblematisch, weil ich nie wirklich in Weihnachtsstimmung war, für die meisten Sansibarianer, Emiratis und Inder ist heute ein Tag wie jeder andere.
Nachdem die Morgenstunden die schlimmsten der bisherigen Reise waren, ist es stimmungsmäßig ziemlich schnell wieder bergauf gegangen. Es mag ja Leute geben, die beim Reisen alleine sein wollen und sich selbst finden, aber für mich sind Bekanntschaften und Kontakte das Wichtigste. Sobald die vorhanden sind, bin ich zufrieden.

Tschüss Katha und westlicher Lebensstil

83. 23.12.2013

Wir stehen früh auf, weil Katha noch packen muss und wir zum Dubai Museum wollen, bevor sie abfliegt. Tatsächlich schaffen wir es, den Zeitplan einzuhalten und das Museum anzuschauen. Ganz nett, aber nicht was ich sehen wollte. Die  Ausstellung dreht sich fast ausschließlich um das Leben der Beduinen und das frühe Dubai (nicht mehr als eine befestigte, kleine Handelsstadt), während mich vor allem interessiert hätte, wie der Boom in den letzten 30 Jahren verlief. Mittlerweile hat das Emirat kaum mehr Öl, sondern versucht (erfolgreich) Investoren durch keine Steuern und minimale Bürokratie zu locken. Deswegen treffen hier stärker noch als in den anderen Emiraten Kapitalismus und konservative Werte aufeunander. Und man scheint einen Kompromiss gefunden zu haben: Strenge bei moralischen und sittlichen Dingen, grenzenloser Liberalismus was Geld ausgeben betrifft. Öffentliches Leben findet hier in der Shoppingmall statt. Dort gibt es jegliche Art von Entertainment und Essen und außerdem sind die Center jeden Tag offen bis nach Mitternacht. Für mich bleibt es, was es von Anfang an getroffen hat: Faszinierend (und abstoßend, aber nur, wenn sich Vernunft oder Gewissen kurz einschalten. Dazu haben sie vor lauter Staunen aber meist keine Chance).
Um halb drei verabschiede ich Katha am Terminal, hier werdet ihr erstmal nichts mehr von ihr hören, aber vielleicht könnt ihr sie für den nächsten Trip zu einem eigenen Blog überreden.
Danach fahre ich noch vier Stunden durch Dubais Vororte, um einen Blick auf die Siedlungen der Bauarbeiter, Busfahrer und Putzfachkräfte zu erhaschen. Ohne Erfolg, die Stadt ist zu weitläufig um ohne eigenen Wagen dorthin zu kommen. Zum Abendessen gehe ich aus zweierlei Gründen zu McDonalds. Erstens weil es hin und wieder schön ist, Altbekanntes zu bekommen und zweitens weil das wahrscheinlich das letzte Mal Rindfleisch für die kommenden Monate war. Ein letzter Blick zu dem nicht weniger eindrucksvoll werdenden Burj Khalifa und ich mache mich auf den Rückweg zum Hotel bzw. meinem Gepäck. Jetzt sind es noch drei Stunden bis zu meinem Flug und ich muss mich langsam auch aufmachen.

Auf dem Bild: Katha - ist sie nicht knuffig?


Eloge zur Ehren K. Zieglers

82. 22.12.2013

Das Ende naht. Zumindest was Kathas und meine gemeinsame Reisezeit betrifft. Zum Abschluss besuchen wir eine Moschee inklusive Erläuterungen über den Islam und geben uns am Nachmittag mit einer Wüstensafari die volle Touriladung. Zu Hunderten strömen die weißen Landrover am späten Nachmittag aus der Stadt, fahren achterbahnmäßig über und zwischen Dünen und karren die vielen Touristen dann in ein Camp mit Barbecue Buffet und diversen Aktivitäten wie Kamelreiten, Hennabemalung und Shisharauchen. Nicht sehr originell, aber gut organisiert und ein unanstrengender Abschluss für Dubai (nicht ganz, morgen versuchen wir noch, in ein Museum zu kommen). Mit von der Partie ist in unserem Auto eine Phillipinofamilie, die in Saudi Arabien lebt, wo der Vater Doktor im firmeneigenen Krankenhaus des landesgrößten Ölkonzerns ist. So erfahre ich einiges über dieses superreiche, aber vollkommen isolierte Land. Zuviel, um es jetzt darzulegen.
Wir lassen uns auf dem Heimweg an der Dubai Mall absetzen und gehen ein letztes Mal zu den Fountains. Sie sind wirklich märchenhaft! Und die Szene ist dermaßen filmreif, das sie für mich den Schlusspunkt unserer gemeinsamen Zeit markiert.
Leider.
Wir waren nicht die einzigen, die nach dem Abi gemeinsam auf Reisen sind, aber was Zusammenhalt betrifft ohne Diskussion die Besten. Ich dachte eigentlich, wenn man so lange mit jemandem zusammenlebt, normalisiert sich alles. Aber wir haben uns immer besser verstanden, je länger wir zusammen unterwegs waren. Aufhören wenn es am Schönsten ist ist scheiße.
Aber wer weiß, in zwei Monaten in einem anderen Land könnten wir uns schon wieder sehen. Ich würde nicht behaupten, dass ich mich auf die Zeit alleine freue, aber gespannt bin ich schon.

Boomcity

81. 21.12.2013

Da wir schon die Anlagen eines Vier- oder Fünfsternehotels zur freien Benutzung haben, müssen wir sie zumindest ausprobiert haben. Das Meer ist ungewohnt kalt, wohl knapp über zwanzig Grad, aber die Lage phänomenal. In einer Bucht schwimmt man, zur rechten Skyline, zur linken ein wenig Wüste und ein wenig Autobahn (und mehr Skyline natürlich) in ruhigem Wasser, das trotz der Umgebung einen sauberen Eindruck macht. Abu Dhabi hat den ehrenwerten Ansatz, mit seinem Überfluss an Geld nicht nur immer höhere Gebäude und breitere Straßen zu bauen, sondern nachhaltig zu werden und grüne Innovationen zu fördern. Beim Nahverkehr hinkt es Dubai trotzdem hinterher, was uns schmerzlich bewusst wird, als wir für den Weg zur drittgrößten Moschee der Welt (zum Teil der eigenen Dummheit geschuldet) zweieinhalb Stunden brauchen. Wir haben nicht einmal Zeit hineinzugehen, da wir auf der falschen Seite rausgelassen werden und es mindestens 20 Minuten dauert, das Gelände halb zu umrunden. Also schießen wir ein paar Wir-waren-hier Fotos und nehmen ein Taxi zurück nach Abu Dhabi und von dort den Bus nach Dubai. Dort wiederum fahren wir mit der Metro zu unserem Hotel, um an der Rezeption mitgeteilt zu bekommen, dass wir in der falschen Filiale gelandet sind und es allein in diesem Viertel mehrere Hotels derselben Kette gibt. Doch die Mühen lohnen sich, das Zimmer ist zwar nicht das größte, aber das Schönste bisher. Alles sehr stylisch, nur beim Bad hat der Innenarchitekt vor lauter Konzentration aufs Wesentliche (Klo, Waschbecken, Dusche) vergessen, dass manche Leute dort gerne Dinge aufhängen.
Das Abendessen verdient auch noch eine Erwähnung, denn zum ersten Mal essen wir in einem Restaurant arabisch. Immer noch billig und vor allem riesengroß sind die Portionen. Lecker sowieso, wir stellen fest, dass arabische Küche tolles Studentenessen ist und wir sowas auch brauchen.
In der Metro zu den Dubai Fountains lernen wir einen Expat mit englisch-indischen Wurzeln kennen, der perfekt Deutsch spricht (ich glaube sogar einen hessischen Einschlag zu erkennen) und uns mal wieder zum Staunen über dieses Stadt gewordene Superlativ bringt. So ist z.B. die gesamte Infrastruktur jünger als 15 Jahre, genau wie die Wolkenkratzer, die allmonatlich aus dem Boden schießen. Auch ohne hier zu leben fallen einem die vielen Baustellen und Stahlbetonskelette überall auf. Der Boom scheint noch nicht vorüber.

ÖPNV lutscht

80. 20.12.2013

Wir haben viel vor und wenig Zeit. Bei den zurückzulegenden Strecken nur logisch, dass wir nicht alles umsetzen können. Frühstücken muss ich alleine, weil Katha ihre Mahlzeit schon am Vortag erworben hat und lieber ausschläft. McDonalds hat auch freitags offen (der muslimische Sonntag) und ist die einzige Option, ansonsten gibt es nur teure Möchtegern Cafés à la Starbucks in den Malls. Im Folgenden fahren wir zur Bushauptstation, warten eineinhalb Stunden auf einen Vorortbus und fahren eine Weitere (normalerweise sicher 1,5, aber der Busfahrer gibt sein Bestes und das ist so gut, dass mir schlecht wird. Respekt nochmal, das hat bisher noch kein Matatu geschafft.). Aber dann ist es geschafft und wir sind am Gate zu Masdar City, dem modernsten Stadtviertel der Welt. Sage ich einfach mal, ohne Weltrekord fängt man hier ja erst gar nicht an. Leider ist sie noch mehr als unfertig und vieles lässt sich nur erahnen. Aber dafür, dass der Eintritt nichts kostet, lohnt es sich allemal. Highlight sind die Wägen, die elektronisch und fahrerlos anhand von Magnetstreifen unter dem Fahrbelag navigieren und das Viertel unterirdisch vernetzen, sodass es oberflächlich ohne Verkehr auskommt.
Auf der Rückfahrt entfällt die drittgrößte (wie erbärmlich!) Moschee der Welt, weil der Busfahrer uns nicht aussteigen lässt, sondern im Bus behält, bis kurz vor der Endstation. Von dort schaffen wir es auch noch irgendwie zum Hotel (1,5 Stunden innerhalb des Stadzentrums) und sind sogar noch motiviert genug um nach einem arabischen Restaurant zu suchen. Das wir trotzdem nicht finden, dafür eine Unzahl an Fastfoodläden, sodass wir mit Burgern und Falafel Wraps enden. Nach einem Ausflug in die nächstgelegene Mall mit einer höchstdramatischen Geschenkepisode gehen wir um zehn ins Hotel, wo so gut gefeiert wird, dass an Schlaf gar nicht zu denken ist. Zum ersten Mal wieder elektronische Musik, und dann auch noch richtig gute. Nicht der Scheiß, bei dem man den Refrain mitgrölen kann, sondern harte Bässe mit Synthies, Keyboard und Vocalfetzen mitten in einem durchschnittlichen Touristenhotel im Stadtzentrum Abu Dhabis. Ich bin im siebten Himmel.

Nachtrag: Die Stimmung konnte leider nicht mit der Musik mithalten und an Schlaf ist auch nach Rückkehr ins Zimmer wegen mieser Schalldämpfung noch nicht zu denken. Einen Anruf bei der Rezeption später dürfen wir ins Le Meridien umziehen und dort die Nacht verbringen.

Neue Hochhäuser

79. 19.12.2013

Heute lassen wir uns ein wenig treiben. Frühstück in der Nähe des Hotels, Check-Out, Bootsfahrt über den Dubai Creek und Altstadt. Wobei letztere ein Disneyland für Touris mit Souvenirshops ist. Für eine echte Altstadt ist Dubai zu neu. Zum Schluss noch ein Ausflug in die schon bekannte Dubai Mall, nur wegen einem bestimmten Eis. Germanschökolädecäke oder so nennt es sich, hat außer den Umlauten rein gar nichts Deutschland gemein, schmeckt köstlichst und ersetzt durch Karamell, Brownies und massig Schokolade ein (äußerst ungesundes) Mittagessen. Zweieinhalb Stunden vor Abfahrt machen wir uns auf den Weg Richtung Bus nach Abu Dhabi - und kommen 20 Minuten zu spät. Muss ich noch erwähnen, wie groß diese Stadt ist? Glücklicherweise nimmt es der Fahrer nicht so genau mit Pünktlichkeit und wir schaffen es in den Bus. Der fährt vom Flughafen durch die gesamte Stadt auf der durchgehend fünfspurigen Hauptstraße. Sicher habt ihr ein Bild von diesen Städten aus irgendwelchen Science Fiction Filmen im Kopf. Das wird hier Realität. Wie ein breites, endloses Band bricht sich die Straße ihren Weg durch die Skyline, links bauen sich unzählige Türme auf, überschattet von einer himmelhohen Spitze im Hintergrund (Burj Khalifa), auf der anderen rauchen derweil dutzende Schlote, während vor einem die Untertunnelung kommt, weil eine Querstraße, meist drei- oder vierspurig, kreuzt, die wiederum von Verbindungsspuren überbrückt wird. Über all dem liegt ein vollverglaster Tunnel, eine Fußgängerüberführung zur außerirdisch wirkenden, ebenfalls verglasten Metrostation. Und diese Szenerie erstreckt sich über mehr als 20 Kilometer. Bei km 40 kommen wir an dem im Bau befindlichen neuen Flughafen mit dem bescheidenen Namen "Dubai International World Center Airport" vorbei. Der alte ist zwar schon unter den fünf größten der Welt, aber wenn man nicht der erste Platz ist, gehört man bekanntlich schon zu den Verlierern. Also wird hier aus der Wüste ein Projekt mit 120 Millionen Passagieren Jahreskapazität gestampft, dem Sechsfachen von Frankfurt.
Dann, nach etwa 50km durchgehender Bebauung, ungewohnte Leere. Die Straße ist immer noch hundert Meter breit und leuchtet wie eine Kleinstadt, aber außenrum ist nur Wüste, zumindest für eine Dreiviertelstunde. Dann macht sich Abu Dhabi langsam bemerkbar. Die Stadt ist gegenüber Dubai geradezu bescheiden. Aber sie wirkt lebendiger. Hier spielen auch mal Kinder auf der Straße, es gibt sogar im Zentrum günstige Restaurants und Geschäfte und ab und an sieht man gar Anzeichen von Nachlässigkeit (Kaugummis auf dem Boden, offene Baustellen). Unser Hotel ist Durchschnitt, der Service und die Anlage weit darüber. Das ist dem Umstand geschuldet, dass wir im günstigeren Schwesterhotel des Le Meridien wohnen und somit dessen Pool, Privatstrand, Gym etc. benutzen dürfen. Zu Abend essen wir endlich mal arabisch, libanesisch genauer gesagt. Fazit: Relativ gut, aber für Vegetariar nicht sehr empfehlenswert.

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Go humongous or go home!

78. 18.12.2013

Für heute haben wir schon vor einer Woche Tickets für den Wild Wadi Wasserpark gebucht. Um die Größe Dubais nochmal zu verdeutlichen, hier mal die Routenbeschreibung: 15 Minuten Laufen - 10 Minuten U-Bahn - Umsteigen - 25 Minuten U-Bahn - 10 Minuten Taxi. Dabei liegt weder unser Hotel noch der Park am Stadtende. Der Wasserpark fällt zusammen mit zwei Jumeirah Hotels (so etwas wie der Maybach unter den Hotelketten). Zum einen das mit 250€ erschwingliche Urlaubsresort Jumeirah Beach Hotel, zum anderen das Burj Al Arab, weiteres Wahrzeichen Dubais und vermutlich teuerstes Hotel der Welt (ab 1300 - >10 000€ / Nacht). Es liegt auf einer künstlichen Insel im Ozean zu der niemand Zugang ohne Reservierung erhält. Der Bau ist 300 Meter Arroganz und Eleganz zugleich, das Gebäude sieht aus wie ein Apple Produkt, reduziert, formschön und fast komplett in Weiß gehalten.
Der Wasserpark enttäuscht dagegen ein wenig, die Anzahl der Rutschen entspricht nicht den Erwartungen, ebenso die Ausgefallenheit. Das einzige innovative Feature ist ein Zubringersystem, das einen mit Wasserdruck eine Verteilerrutsche hochschießt. Außerdem kann man auf einem Bodyboard zwei künstliche Stromschnellen surfen. Aber 45€ dafür sind schon happig.
Auf dem Weg nach Hause beschließen wir, die U-Bahnlinie bis zum Ende und zurück zu fahren. Dubai erstreckt über mehr als 50km entlang der Küste, wobei es drei große CBDs gibt (erkennbar an entsprechend großen Wolkenkratzern). Jeder dieser Distrikte stellt alle von mir bisher gesehenen Städte in den Schatten (inklusive Atlanta und - laut Katha - auch New York). Dazwischen sind kleinere Hochhäuser (unter 200m) und Wohn-/Gewerbegebiete. Die Hauptverkehrsstraßen sind 4-10 spurig und nicht selten fließt der Verkehr auf drei oder vier Ebenen. Go humongous or go home! Doch so westlich die Wirtschaft und Architektur sein mögen, die Emirate sind islamisch. Frauen haben seperate Abteile in der U-Bahn und in Bussen und müssen ihre Schultern bedecken, während Männer keine Nagelstudios und Frauenfriseure betreten dürfen. Der Islam ist hier eine Religion, die den Menschen wenig zutraut und deshalb viel vorschreibt. Männer vergewaltigen alles, was nicht bei drei verhüllt ist, während Frauen arglos und schutzbedürftig sind und deswegen in der Familie oder unter ihresgleichen bleiben sollten. Doch so wenig ich die dogmatische Seite leiden kann, so sehr mag ich die Moslems. Ob hier oder in Afrika, immer sind sie die höflicheren, ehrlicheren und ehrgeizigeren Menschen gewesen.
Da die Essenspreise im Wild Wadi maßlos sind, kommen wir mit einem Bärenhunger nach Hause und finden riesige Portionen bei Pizza Hut. War ein Besuch bei einer internationalen Fastfood Kette in Kenia noch ein Statussymbol für die obere Mittelschicht, ist es hier wieder die günstigste Möglichkeit an Essbares zu kommen.

Wenn Geld keine Rolle spielt

77. 17.12.2013

Diese Stadt ist faszinierend! Unser vorgebuchter Programmpunkt ist ein traditionelles Emirati-Essen mit einer Emirati, die uns ihr Land und ihre Kultur vorstellt. "Ihr" Land ist relativ, denn über 85% der Einwohner sind Expats und Gastarbeiter. Im Endeffekt dreh sich das Gespräch dann häufig darum, ob der Islam böse ist oder nicht, aber es gibt auch viel Neues zu erfahren und außerdem ist das Buffet lecker. Danach fahren wir zum ersten Mal nach Downtown (es gibt mehrere Citycenter, Downtown heißt das mit den höchsten Hochhäusern) mit der flüsterleisen, vollautomatischen, überirdischen Metro. Je näher man ihr kommt, desto eindrucksvoller wird die Skyline. Und hinter einem der Häuser taucht das Wahrzeichen auf: Burj al Khalifa, 800 plus ein paar Meter hoch. Es wirkt surreal, mitten in der Skyline steht ein Gebäude, das alle anderen nochmals um mehr als das Doppelte überragt. Durch die Höhe hat es auch nicht das massive, trutzige Aussehen eines Büroturms, sondern wirkt viel feingliedriger und eleganter (dabei hat es den Umfang mehrerer normaler Wolkenkratzer). Gleich neben dem höchsten Gebäude der Welt befindet sich das größte Einkaufszentrum der Welt (1200+ Geschäfte) mit dem größten Aquarium der Welt (im Einkaufscenter). Aber man muss den Scheichs bei aller Angeberei lassen: Stil haben sie. Goldene Kronleuchter und Marmorexzesse sucht man hier vergeblich. Stattdessen gibt es Glas, konkave Formen, komplexe Lichtinstallationen und natürlich Raum. Die Emiratis lieben Freiraum, innen wie außen. Alles hier ist groß, breit und hoch, die Straßen, die Gebäude, die Distanzen.
Wir beschließen auf gut Glück zu versuchen in die Hotelbar der Jumeirah Emirates Towers im 52. Stock zu kommen, wo man für 20€ zwei Drinks, Snacks und Aussicht kriegt (Schnäppchen!) und sich so die überteuerte Aussichtsplattform des Burj Khalifa sparen kann. Da das legal age hier 21 ist, können wir beim Eintreten sogar nochmal das verloren geglaubte Gefühl des trotzdem-reinkommens genießen. Über die Drinks braucht man in der Preisklasse nichts zu erzählen, die Aussicht ist schlechter als erwartet, aber immer noch klasse, alleine schon wegen der Höhe von ungefähr 300m. Danach fahren wir nochmal zurück zur Dubai Mall bzw. den weltberühmten Fountains direkt vor dem Burj al Khalifa, die sicherlich auch irgendeinen Weltrekord aufgestellt haben. Zur Beschreibung zitiere ich Katha: "Sooo kitschig. Ich will es nochmal sehen!!" Die Rückfahrt dauert etwas länger, weil wir meinen mal an einer anderen U-Bahn Station aussteigen zu müssen und zum Hotel zu laufen. Am Ende fahren wir Bus zu einer bekannten Station und laufen von dort, was uns locker 45 Minuten kostet, denn wenn Dubai eines nicht ist, dann fußgängerfreundlich. Gehsteige und Straßenübergänge gibt es zwar, aber um den Block zu laufen dauert bei den gegebenen Dimensionen über eine halbe Stunde.

Mal sehen, ob sich der Glanz der Stadt bei mir in den nächsten Tagen verwäscht, denn bisher kann ich die Leute die Dubai als seelenlos und langweilig bezeichnen nicht verstehen.

Überflieger

76. 16.12.2013

Der gestrige Tag geht flüssig in den heutigen über, da ich vor halb drei kein Auge zukriege und die Fähre um sechs anlegt. Aber nachts Backbord auf der Fähre zu stehen und das schimmernde Band, das Mondlicht und Schiffsschraube skizzieren zu beobachten ist ebenfalls schön. Nach unser Ankunft irren wir zu viert noch ein wenig durch Daressalam, zuerst, weil wir das Hotel nicht finden, dann, weil keine Wechselstube Dirham (für Dubai) hat. Doch auch die kriegen wir und nach kurzem Umpacken in dem Hostel, wo wir unsere Wäsche machen lassen haben breitet sich Abschiedsstimmung aus. Mit einem wunderbar leisen, klimatisierten, wenn auch unlizensierten Geländewagen als Taxi fahren wir zum Julius Nyere Airport. Wenn internationale Flughäfen Statussymbole für ein Land sind, setzt Tansania auf innere Werte. In der Eingangshalle tropft Wasser aus der Decke und die Air-Condition besteht aus Ventilatoren. Die letzten Tausender werden in ein Abschiedsbier investiert und dann muss Dani auch schon los. Sie fliegt über Kampala (Uganda) und Istanbul nach Dublin. Dann sind Erick und ich an der Reihe. Wir beide fliegen nach Doha (Qatar), ich im Anschluss nach Dubai, er nach angenehmen sechs Stunden Wartezeit um 1 Uhr nachts nach Barcelona und von dort nach New York, von wo er weitere fünf Stunden Bus nach Hause fährt, was seine Gesamtreisedauer auf rekordverdächtige 50 Stunden bringt. Während wir bereits um 13:20 Uhr abfliegen, geht Kathas Direktflug mit Emirates erst um 16:45 Uhr, was dessen Zeit- und Komfortvorteil für sie natürlich zunichte macht.
Ich bekomme rein zufällig einen Platz hinter einer Trennwand. Diese Plätze haben dieselbe Beinfreiheit wie die Business Class und außerdem deren Entertainment System. So vergehen die fünfeinhalb Stunden genießbar und wir kommen kurz nach Einbruch der Dunkelheit im erstaunlich kalten Doha an. Kurze Raucherpause für Erick, danach begleitet er mich zum Gate und sagt Tschüss bzw. goodbye. Der Flughafen von Doha ist zwar brandneu und ultramodern, aber für ein vernünftiges Terminalsystem das Schleusenboardings gestattet hat es nicht gereicht. Immerhin bekommt man während der 20-minütigen Busfahrt zum Flugzeug eine Vorstellung von den Dimensionen dieses Riesenprojekts. Besonders eindrucksvoll, wenn man gerade aus Ostafrika kommt. So viel Westen, so viele internationale Ketten, die Ordnung, das systematisch-strukturierte. Boah! Echt ungewohnt (und gehört bald, in Indien, wahrscheinlich auch wieder der Vergangenheit an). Von den Städten will ich gar nicht anfangen, genauso wenig von den kulturellen und sozialen Gegensätzen hier. Genug Stoff für die nächste Woche, falls ich dazu komme, viel zu schreiben (was zu bezweifeln ist). Der zweite Flug ist Kurzstrecke, 400km oder 50 Minuten von Doha nach Dubai. Man kommt in einer kilometerlangen Glas-Stahlröhre an, deren gigantische Ausmaße einen Vorgeschmack auf die Stadt geben. Von der Schleuse bis zur Passkontrolle dürften es mindestens 700 Meter sein. Katha kommt an einem anderen Terminal an und ich brauche eine Stunde für die Grenzformalitäten, trotzdem schaffen wir es irgendwie uns wiederzufinden und kommen per Taxi um halb zwei nachts im Hotel an. Dort kriegen wir kurzerhand ein Upgrade auf eine Suite im obersten Stock, weil alle anderen Zimmer ausgebucht sind. Das Hotel ist Mittelklasse, aber nach drei Monaten Afrika der reinste Luxus. Das können wir aber nicht mehr würdigen, todmüde fallen wir mit vielen Vorsätzen für die nächsten Tage ins Bett.

Dem Ende entgegen

75. 15.12.2013

Am vorletzten Tag in Afrika ist Katha unterwegs auf Spice Tour, was bedeutet, sie wird mit anderen Touris zu Plantagen geführt und bekommt ein überwürztes Essen. Währenddessen schlendere ich mehr oder weniger ziellos durch Stone Town, esse ein Eis, finde einen HotSpot, skype, freue mich über die schöne Altstadt usw. Um drei treffen wir uns wieder für einen Abstecher in ein mittelmäßiges Museum und damit ich Katha beim Hosenkauf beraten kann (wählerisch ist gar kein Ausdruck). Zuletzt gehen wir zurück zur Ex-Unterkunft, wo immer noch unsere Rucksäcke stehen. Seit ich dem Rezeptionisten meine alten Nikes vermacht habe, tut er alles für uns und so ist nochmal kurz Duschen gehen kein Problem (hakuna matata). Zum Abendessen gibt es zwei Burger mit Pommes für 1,50€. Ja, es ist eine Schande, am letzten Abend hier nicht einheimisch zu essen, aber ihr habt diese Burger nicht probiert. Morgenabend in Dubai werde ich jedenfalls den Schock meines Lebens kriegen, wenn ich die Essenspreise umrechne. Um halb acht betreten wir die Nachtfähre, wo wir in den amerikanisch-auf-18-Grad-gekühlten VIP Bereich dürfen und dort eine Irin und einen Amerikaner kennenlernen, die morgen ebenfalls weiterfliegen, der Ami sogar im selben Flugzeug. Das gemächliche Tuckern der Fähre wirkt richtig einschläfernd und abgesehen von Katha, die kartenschreibtechnisch unter Zeitdruck steht, schlafen alle (so wie ich gleich hoffentlich).

Sonntag, 15. Dezember 2013

laid back

74. 14.12.2013

Ein letztes Mal Ausschlafen (die nächsten Tage werden in der Hinsicht unbefriedigend) und gemächlich Aufbrechen Richtung Jambiani im Südosten Sansibars, eineinhalb Stunden von Stone Town entfernt. Oder zwei, wenn das Dalla Dalla (Linientaxi) beschließt, unterwegs müssten noch 3 Meter Palmengeflecht auf das Dach gestapelt werden. Der Strand ist schön, aber das umwerfende Tropenparadies das im Reiseführer versprochen wurde finden wir nicht. Ich lasse mich beim Verhandeln um eine Taucherbrille zum Ausleihen um 2,50€ betrügen und bin außerdem enttäuscht, weil das vorgelagerte Korallenriff Wellengang verhindert und das Meer wieder sanft wie ein ARD Familienfilm vor sich hinplätschert. Aber Katha gelingt es mich aufzumuntern (dafür lasse ich sie heute die Temperatur der Air Condition bestimmen) und das Abendessen ist so lecker wie günstig. Auch in der Altstadt gibt es noch die Ecken, wo ganze Familien auf Steinstufen um einen Straßengrill herumsitzen und Naan, Fleischspieße und verschiedenste Teigtaschen essen, die direkt vor ihnen frisch zubereitet werden. Klar gibt es auch hier neugierige Touris (wie uns), aber die sind gar nicht die Zielklientel, dementsprechend niedriger sind hier die Preise und man muss sich nicht mit jungen Schwarzen herumschlagen, deren Onkel/Bruder/Cousin/Freund einen Stand mit good price nearby hat. Alles in allem also doch ein schöner Tag, zumal die Gassen hier auch nach zwei Tagen noch etwas Magisches in sich haben, man fühlt sich weit weg von der Moderne und ihrer Hektik, ohne ihre Annehmlichkeiten missen zu müssen.

Freitag, 13. Dezember 2013

Gift Shop

73. 13.12.2013

Der Plan war: Heute Kulturprogramm und am letzten Tag Touristenkram einkaufen. Aber schon auf dem Weg zum alten Fort, dem größten Gebäude Stone Towns, bleiben wir an diversen Souvenirläden hängen. Wow, selbstgemalte Postkarten und diese tollen Seifensteinschüsseln erst. Gerade einmal das Fünffache des Preises in Tabaka (in Kenia - dort sind die Seifensteinminen - und keine Touris)? Schnäppchen! Und wollte Katha nicht schon immer eine Haremshose? So sind wir jetzt gut mit Karten und Mitbringseln versorgt und um einiges ärmer, aber die bescheuerte Währung kriegt man sowieso nicht los, was solls. Dementsprechend lege ich mir auch gleich ein neues paar Schuhe zu, da erstens das alte löchrig wird und zweitens in naher Zukunft "smart casual" Dresscode erforderlich ist (förmlicher als Jeans, aber schludriger als Anzug). Für langen Atem beim Verhandeln und letztlich 14€ kriegt man im untouristisierten Teil Stone Towns ein paar braune Levi's, bei denen nur der Preis auf eine Fälschung hindeutet. Gratis dazu gibt's eine Mischung aus afrikanischem Markt und arabischem Basar mit einer erschlagenden Vielfalt an Tüchern, Schuhen und Schmuck. Und kein einziger Tourist weit und breit! Der pragmatisch veranlasste Abstecher gerät so jedenfalls eindrücklicher als der Großteil des empfohlenen Kulturprogramms, was nicht zuletzt an den netten Einheimischen liegt, die im Gegensatz zu einigen ihrer Landsmänner auf dem Festland bereits gemerkt haben, dass Tourismus nur nachhaltig Geld bringt, wenn die Touristen sich wohlfühlen.

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Wiedersehen und Überfahrt

72. 12.12.2013

Den Morgen verbringen wir auf der Suche nach Fährtickets und anderen Dingen täglichen Bedarfs in der unbarmherzig-schwülen Hitze Dar Es Salams.
Beim Check-Out spielt sich eine filmreife Szene ab. Wir kommen aus dem Aufzug, schauen zur Rezeption, blicken in ein bekanntes Gesicht, realisieren noch nichts, schauen erneut hin, erkennen den Schnauzer und treffen so zufällig wieder auf Ross und Kamila, die im selben Hotel wie wir übernachtet hatten und ebenfalls nach Sansibar wollen. Bei einer vielfachen Fläche Deutschlands und über 40 Millionen Einwohnern, davon mindestens 3 Millionen in Dar ist das doch ein großer Zufall. Gemeinsam fahren wir also vier Stunden nach Sansibar, wo wir bezüglich Unterkunft Meinungsverschiedenheiten haben, aber zum Abendessen wieder beiammen sind. Stone Town ist komplett anders als alles bisher Gesehene. Enge, verwinkelte Gassen, die Sonnenlicht und Orientierung verhindern, mehrstöcke Steinhäuser und nirgendwo Wellblech. Man fühlt sich eher in Italien oder Südfrankreich denn Tansania. Die Einheimischen fühlen sich dem Festland ebenfalls nicht allzu verbunden, was sich in Unabhängigkeitsbestrebungen sowie erneuten Pass- und Zollkontrollen (yeah, noch ein Stempel im Reisepass!) zeigt. Das hat kulturelle und finanzielle Gründe, denn Sansibar mit seinen 95% Muslimen hat erstens einmal wenig mit der christlich-stammesgeprägten Kultur Festlandtansanias gemein und ist zweitens um einiges reicher.
Folgerichtig auch um einiges teurer, aber nicht für gewiefte Sparfüchse wie uns. Eigenlob ist meiner Meinung nach vollkommen angebracht, wenn man in einem Touristengebiet für 27$ ein Doppelzimmer mit Frühstück, AC, Deckenventilator, Badezimmer und Kühlschrank bekommt.

Dar Es Salam

71. 11.12.2013

Morgenprogramm ist die Tour in ein Dorf im Umland. Zuerst einmal aber breche ich meinen bisherigen Rekord im billig frühstücken, als ich bei einem Straßenstand für umgerechnet 15 Cent eine Tasse Tee und zwei Scones kriege. Die Tour ist kurz aber interessant, Highlight sind die Erdkuchen, die die Frauen des Stamms "backen". Letztendlich ist es feine Erde, die mit Wasser vermengt, ausgerollt und wieder getrocknet wird. Das Resultat sieht ansprechend aus, hat eine knackige Konsistenz und schmeckt wie eine Hand voll Erde. Richtig gut ist dagegen die bei uns gänzlich unbekannte Jackfrucht, gegen die eine Wassermelone klein wirkt. Die großen Exemplare bringen es locker auf 15kg.
Die letzte Busetappe in Afrika führt durch bewirtschaftetes Küstenland, kein Vergleich zur wüstenartigen Steppe weiter drinnen. Das Klima wird dadurch aber kein Stück angenehmer, in Äquatorialafrika ist gerade sozusagen Sommer (Jahreszeiten kennt man hier nicht) mit unerträglicher schwüler Hitze in den Küstenbereichen. Dar es Salam kündigt sich durch kilometerlange, stillstehende Staus an, alleine die letzten 20km von Stadtbeginn bis Hotel dürften uns 2 Stunden gekostet haben. Im Stadtbus versuchen Fahrer, Conductor und zwei Gäste gemeinsam, uns ein Vielfaches des Festpreises zu berechnen. Nachdem ich kein Rückgeld aber zusätzliche Forderungen für den Gepäcktransport auf Kisuaheli bekomme, frage ich den Busfahrer, ob er zu ungebildet für die englische Sprache sei (die Tansanier sind mächtig stolz auf ihre Landessprache). Glücklicherweise kommt es danach zu keinen Zwischenfällen mehr, ich hatte für den Conductor eigentlich schon eine unkluge Tirade vorbereitet, die darin gipfelt, dass ich in einer Stunde vor dem PCso viel verdiene wie er in einer Woche im stickigen Straßenverkehr Dar es Salams. Aber auch unausgesprochen hat der Gedanke bei solchen Zwischenfällen etwas Tröstendes (der finanzielle Verlust durch das Rückgeld beträgt für uns 20ct).
Das Abendessen bewahrt die Stadt dann vor einem rein negativen Ersteindruck. Der englischsprachige Besitzer des indo-chinesischen Restaurants erklärt uns jedes Gericht, lässt für Katha eine Platte zusammenstellen und verlangt von mir nur die Hälfte des tatsächlichen Preises, weil die Karte missverständlich war (nicht wirklich, ich habe sie aber trotzdem missverstanden).

Zwischenstopp

70. 10.12.2013

Es geht wieder in Richtung Meer, nachdem wir noch einen Abstecher ins touristisch unerschlossene Inland gemacht haben. Auf halber Strecke zur Küste, ca. 250km von Dodoma entfernt liegt Morogoro, wo wir einen letzten Zwischenstopp einlegen. Nach der Ankunft dort organisieren wir hauptsächlich für eine Tour in ein Dorf im Umland am nächsten Tag, wo man das traditionelle Leben kennenlernen kann. So sehr ich solche Veranstaltungen eigentlich hasse, diese scheint authentisch und nicht für Touristen inszeniert zu sein. Die Weiterfahrt war eigentlich geplant auf einer der wenigen Zuglinien Afrikas, die noch in Betrieb sind, aber die Züge sind dermaßen unpünktlich, dass Ankünfte nicht mit Uhrzeiten, sondern Daten versehen werden. Das ist leider unvereinbar mit unserem Zeitplan, denn obwohl wir viel Zeit hatten wird es gegen Ende doch eng und Sansibar steht ja noch auf der Liste. Also Morgennachmittag nach Dar Es Salam per Bus.

Strecke machen

69. 9.12.2013

Der ganze Tag war mehr oder weniger eine Busfahrt ins 500km entfernte Dodoma, bei der ich wieder mal über die Weite und Menschenleere dieses Landes staunen konnte. Dodoma ist auf dem Papier die Hauptstadt Tansanias, aber Präsident und Parlament lassen sich hier nur blicken, wenn es sich nicht vermeiden lässt und weilen ansonsten in der faktischen Hauptstadt Tansanias, Dar Es Salam. Unser Zielort ist so mondän wie CSU Ortsausschüsse und liegt in wüstenhafter Landschaft mit 150 000 Einwohnern fernab jeder anderen größeren Ansiedlung. Trotzdem ist er nicht so potthässlich wie unser Reiseführer meint und eine Übernachtung wert. Die Busfahrt ist, dank frischer Teerstraße, ziemlich komfortabel. Das heißt, nachdem wir zwei Stunden auf der Suche nach unserem verspäteten Bus mit den anderen Fahrgästen durch Arusha geodyseet sind. Aber 9 Stunden Fahrzeit mit Dauerbeschallung (schlimmster afrikanischer Pop mit anfangs lustigen, weil schwulen Musikvideos, die aber spätestens nach zwei Stunden ebenso nerven) gehen nicht spurlos an einem vorüber. Landschaftlich hatte die Strecke immerhin einiges zu bieten, besonders im letzten Viertel. Inmitten der Steppe liegen kolossale Steinbrocken verteilt und bilden die einzigen Unebenheiten in der ansonsten ebenen Weite.

Von Geparden und Geländewagen

65. 5.12.2013

Heute beginnt die Safari, zumindest fahren wir zu einem Camp und übernachten dort, so richtig geht es erst am nächsten Tag los. Da wir erst um drei Uhr nachmittags abgeholt werden, haben wir genug Zeit aber nichts, womit wir sie verbringen könnten. Ich beschließe, die Bustickets für die Weiterfahrt nach Dodoma am Montag zu kaufen. Sobald ein Weißer auf einem Busbahnhof ankommt, wird er von zwei bis fünf "touts" bedrängt. Manche sind wirklich hilfreich, nennen faire Preise und verweisen im Zweifelsfall auf die Konkurrenz, andere sind nur penetrant und aggressiv. Heute gerate ich an letzteren Typ. Die wahrscheinlich auf Komission arbeitenden Nervensägen schleppen mich zu einem Büro, dass mich für einen um 20% erhöhten Preis in einem engen Fünferreihen Bus unterbringen will, dann zu einem, das 30% Aufschlag fordert. Auf Nachfrage führen sie mich zähneknirschend zu einem empfohlenen Unternehmen, dass ihnen keine Komission zahlt und faire Preise hat. Das Trinkgeld, der letzte Griff in die Trickkiste der touts wird mit mit unbestimmtem Blick in die Ferne ignoriert. Ein kurzer Abstecher zum Supermarkt und ein bisschen Wäsche waschen und schon werden wir "abgeholt". Das heißt, jemand bringt uns zum Busbahnhof und dort zum richtigen Fahrzeug, gibt dem Fahrer ein paar Informationen und geht. Der Fahrer scheint talentiert im Überhören zu sein und fährt mit uns bis zur Endstation, um dort mit Bestürzen festzustellen, dass wir bereits eine Dreiviertelstunde früher hätten abgesetzt werden müssen. Aber hakuna matata, kein Problem, Afrika halt. Rechtzeitig zum Abendessen kommen wir im Camp an, lernen unseren Driver, Koch und zwei Begleiter kennen, einen 33-jährigen Mediziner aus Sydney und seine Freundin, eine 25-jährige Brasilianerin, die dort studiert. Im unheilvollen Dauerregen gehe ich bereits um halb zehn schlafen.

66. 6.12.2012

Es regnet immer noch! Aber das Frühstück bessert die Laune, unser Koch ist ein Genie. Nachdem die Finanzen geklärt sind fahren wir los. Die Fahrt dauert über vier Stunden, wobei wir tolle Ausblicke und ein paar Vorboten auf den Tierreichtum der Serengeti erspähen, einen Hund überfahren, zu Mittag essen und einmal die Kontrolle über den Wagen verlieren. Angekommen setzen wir unseren Koch ab und gehen auf den ersten "game drive". Das Wort kommt wahrscheinlich aus der Zeit der game reserves, die Vorgänger der Nationalparks, die die Kolonialherren für ihre Jagdausflüge nutzten. Da es eigentlich verdammt sinn- und nutzlos ist, einen Elefanten oder Löwen zu jagen, war das Ganze ein Game für reiche Weiße. Wo wir schon bei Etymologie sind: Serengeti kommt aus dem Masai und bedeutet "weite Ebene". Diese Einstiegsanekdote für jeden Vortrag über die Serengeti ist absolut zutreffend. In alle Himmelsrichtungen sieht man nichts außer ein paar Bäumen, Steinbrocken und dem Horizont. Kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen.
Wer die Natur gerne für sich hat, ist hier trotzdem falsch. Um jedes interessante Tier streunen Rudel wilder Landrover, von denen die Serengeti eine der größten Populationen weltweit beherbergt. In einer Symbiose kommen darin nicht nur Asiaten mit riesigen Kameras, sondern auch Engländer und Deutsche vor. Letztere machen ihrem zweifelhaften Ruf alle Ehre und vergessen mit Arbeit und Alltag auch wie man sich anzieht. Doch die übrige Fauna enttäuscht nicht, innerhalb von drei Stunden sehen wir drei der Big Five und einen halben Zoo anderer Tiere. Aber dazu mehr morgen, wenn ein halbtägiger game drive ansteht.
Das Abendessen schmeckt, wie zu erwarten, hervorragend und kurz danach gehen wir bereits schlafen, da wir am nächsten Tag den Sonnenaufgang während der Fahrt erleben wollen. Viel interessanter wäre es natürlich, nachts unterwegs zu sein, wenn die meisten Fleischfresser aktiv sind. Aber obwohl eine Safari immer ein teurer Spaß ist, kann man sein Geld in verschiedenen Abstufungen loswerden, deren Krönung ein Permit für einen night game drive für 3000$/Auto ist.

67. 7.12.2013

Zum Frühstück gibt es nur Kaffee und Biskuits, dafür Brunch bei der Rückkehr vom strapaziösen Sitzen im Geländewagen. Wahrscheinlich ist es eines der Ammenmärchen, die jedem Touri erzählt werden, aber es macht Freude, daran zu glauben: Laut Guide haben wir in ein paar Stunden mehr Glück als andere Safaris auf Mehrtagestrips. Als erstes Auto sehen wir einen Geparden, leider in einer Entfernung, die gerade mal das Beweisfoto ermöglicht. Aber man kann sich glücklich schätzen die Stealth Taktiker unter den Raubtieren überhaupt zu erspähen. Sie sind absolute Einzelgänger, nicht territorialgebunden und ultraschnelle Sprinter ( >100km/h).
Kurz darauf entdecken wir, ebenfalls als erstes, einen Leoparden, keine fünf Meter vom Weg entfernt. Er macht zwar wenig, eigentlich gar nichts, aber trotzdem sind alle begeistert. Desweiteren sehen wir Flusspferde, Löwen und unzählige Antilopen. Mehr als zufrieden kommen wir zurück zum Camp, kriegen Grillfleisch, Pommes, Quiche und Salat mitten im Busch und fahren um zwei Uhr nachmittags ab, zurück zum Ngorongoro Krater. Eine kurze Pause legen wir am Parkgate ein, wo sich eine Gruppe Masai demonstrativ fototauglich vor jeden Wagen stellt, um für die leichtfertig geschossenen Bilder Geld zu verlangen. Der Mischmasch aus Jeans und traditionellen Umhängen in den Städten hat mich in der Hinsicht abgestumpft, die bunte Truppe wirkt auf mich eher normal denn exotisch. Am Camp werden wir von einem Elefanten empfangen, der in aller Seelenruhe grast und daraufhin zum leckenden Wassertank schlendert und ein paar hundert Liter trinkt. Ich stehe in zwanzig Meter Entfernung und starre ihn eine halbe Stunde an, während ich mir versuche klarzumachen, dass das hier ein wildes Tier ist und es keinen Zaun gibt. Seine Wildheit stellt der Elefant unter Beweis, wenn man ihm zu Nahe kommt. Erst werden die Ohren aufgestellt, was ihn noch größer wirken lässt (er ist auch so schon echt bedrohlich riesig), dann senkt er den Kopf und dann sollte man bereits in sicherem Abstand sein. Eine Standpauke vom Personal gibt es für die unvorsichtige Touristin sowieso, weil attackierende Elefanten Hindernisse aus dem Weg räumen und das Hindernis in diesem Fall ein Auto gewesen wäre. Abendprogramm as usual, tolles Essen und frühes Zubettgehen.

68. 8.12.2013

Nach einem wunderschönen Frühstück mit markantem Pickel auf der Nase - Milchpulver alle - fahren wir in den Ngorongoro Krater, der die Caldera eines Vulkans darstellt, der vor seinem Ausbruch noch höher als der Kilimandscharo war. Durch die Kessellage und das massig vorhandene Wasser gleicht der Krater tatsächlich einem Zoo. Hier eine Gruppe Zebras, dort eine Riesenherde Gnus und da hinten ein Rudel Löwen. Und die Big Five beschließen wir mit einer Nashornsichtung, wenn auch aus großer Entfernung, ebenfalls. Nur noch 25 Exemplare leben im Park und die sind allesamt sehr scheu, weil sie lange Zeit und fast bis zur Ausrottung gejagt wurden. Um halb zwölf verlassen wir den Krater, haben ein paar letzte Bilder am Viewpoint und fahren schließlich zurück zum Gate, von wo es nur noch 14km zum ersten größeren Ort sind. Hier endet die Safari für uns, während Ross und Camilla noch einen Tag im Lake Manyara Nationalpark dranhängen. Neben Alex und Laramie sind die beiden unsere liebsten Reisebekanntschaften geworden und wie beim letzten Mal gibt es auch hier die Chance auf ein Wiedersehen, nämlich auf Zanzibar. Um halb fünf kommen wir endgültig im menschengemachten Teil Tansanias an, mit einer Ahnung davon, wie der ganze Kontinent noch vor ein paar hundert Jahren ausgesehen haben muss und wie gigantisch der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem ist. Während man in Europa die Natur schon vor langer Zeit unterworfen hat, versucht man hier noch eine Art Koexistenz zu erhalten. Wenn man die riesigen Ebenen Afrikas erblickt, möchte man gerne glauben, dass das möglich ist.
PS: Eine Safari sieht auf Fotos üblicherweise besser aus als in der Realität, einen hohen optischen Zoom vorausgesetzt. Ich war (leider) nicht wirklich direkt bei den Löwen, als sie den Büffel gerissen haben und der Leopard auf dem Baum war auch mindestens 70 Meter entfernt. Aber neidisch sein dürft ihr trotzdem.

Angebot und Nachfragen

64. 3./4.12.2013

Die zwei Tage sind relativ langweilig, da wir die meiste Zeit damit verbringen eine Safari zum Serengeti Park zu organisieren, also vor allem Preise vergleichen und von Büro zu Büro laufen. Nach sehr viel Hin und Her steht jetzt fest, dass wir morgen nachmittags aufbrechen, zwei Tage in der Serengeti und einen im Ngorongoro Krater verbringen. Während Katha krankheitsbedingt viel Zeit im Hotelzimmer verbracht hat, konnte ich Arusha ausführlicher kennenlernen, als ich es vorhatte. Die Stadt ist, wie Moshi, sehr sauber und weitläufig. Man kann über 20 Minuten im Stadtzentrum laufen, dass ging in Kenia nur in den wenigen Großstästen. Außerdem wimmelt es hier wirklich von Weißen, relativ gesehen. Es sind immer noch über 98% der Gesichter schwarz, außer man ist gerade in einem Musuem, einer Pizzeria oder einem Hotel. Der Kulturschock werden für mich die ganzen Weißbrote sein, wenn ich zurück nach Europa komme.
Dafür gibt es hier nette Souvenirs, gutes Essen und Locals, die Englisch sprechen, was in Tansania immer noch eher Ausnahme denn Regel ist.

Safarisuche

63. 2.12.2013

Weiter geht es nach Arusha, der Touristenstadt im Norden Tansanias. Touristenstadt, weil sie direkt an all den Parks liegt, für die man üblicherweise herkommt. Serengeti und Ngorongoro Crater zum Beispiel. So ist es unvermeidlich, dass wir über den Tag diverse Einladungen, Angebote und Visitenkarten erhalten. Interessiert sind wir wirklich, aber insbesondere wegen der Eintrittspreise für die Parks sind die Touren extrem kostspielig (mind. 100€/Tag). Morgen werden wir das entscheiden (müssen). Ansonsten der Rattenschwanz an Aufgaben in einem neuen Land: SIM Karte registrieren und Geld abheben, außerdem feststellen, dass man hier nicht einmal zu dritt aufs Motorrad darf (bedeutet, wir brauchen in Zukunft immer zwei davon). Verkehrsregeln bzw. dass sich die Leute daran halten hätte ich nun wirklich nicht erwartet.

Das Bild zeigt einen Betrag von umgerechnet etwa 150€. Seit einer Hyperinflation muss man hier gut im Kopfrechnen sein, wenn man einkaufen geht. Lustigerweise hat der größte Schein, 10 000 Schilling, einen Gegenwert von 5 Euro, weswegen man von jeder Geldabhebung mit einem unpraktischen, gut sichtbaren dicken Geldbündel kommt .

Grenzerfahrung

62. 1.12.2013

Die Nacht war so erholsam wie Bungeejumping, der Club neben unserem Hotel in Mombasa hat sein Bestes gegeben unsere Müdigkeit zu vertreiben, sodass ich letztendlich nur einschlafen konnte, indem ich meine eigene Musik mit Kopfhörern gehört habe. Allerdings nur vier Stunden, um 5:45 Uhr geht der Wecker, denn um 7 geht der Bus. Bescheuerterweise hatte ich erwartet, dass um diese Uhrzeit bereits ein Supermarkt offen hat und verschleudere bei der erfolglosen Suche eine kostbare halbe Stunde Schlaf. Die ersten drei Stunden Fahrt verschlafe ich, als ich aufwache, sind wir in der Tsavo-Trockensavanne, immer noch Kenia. Nach einer weiteren Stunde halten wir für zwei weitere Stunden und eine halbe Stunde später sind wir an der Grenze. Ein kleiner Exkurs:
Viele Länder behalten sich vor, die Laufzeit des Visums willkürlich einschränken zu dürfen, also ohne Angabe von Gründen für XY anstatt der maximal möglichen drei Monate nur 4 Wochen Aufenthalt zu gestatten. In der Praxis wird das aber kaum betrieben und wenn, dann begründet. Der Penner am Jomo Kenyatta International Airport hat mir damals jedenfalls ein 14-Tage Visum ausgestellt, ohne Angabe von Gründen und vor allem, ohne mich zu informieren. Sprich, ich habe mich eineinhalb Monate illegal in Kenia aufgehalten. Ich überlege mir bereits, wie ich nach Nairobi zurückmuss und, nachdem eine zünftige Summe an den Staat abgeleistet wurde, den nächsten Flieger nach Deutschland nehmen kann. Aber wie erwähnt, auf jeden Idioten kommt ein Helfer. Der Grenzbeamte sieht mir meine Ungläubigkeit und Verzweiflung wohl an und entschließt sich für unbürokratisches Entgegenkommen (ohne "eine Kleinigkeit"!). Die restliche Busfahrt verbringe ich damit abzuschätzen, wie hoch mir die Scheiße eben stand und wie viel Verantwortung daran ich selbst trage.
Moshi empfängt uns aufgeräumt mit breiten Straßen und lediglich Anflügen von Schäbigkeit, ein bisschen wie Kisumu. Wir finden eine solide Backpackerbleibe, essen billig-hervorragend indisch. Katha experimentiert erneut mit ihren Haaren (beiderseitiges Fazit: misslungen) und geht früh schlafen, zurecht.

Abschließend

61. 30.11.2013

Das war er also, der letzte Tag von über 60, die ich in Kenia verbracht habe. Der Abschluss hätte besser nicht sein können, nachdem R. einen Freund und Leiter irgendeines Touristenresorts am Strand von Kilifi angerufen hatte, konnten wir dort den riesigen Pool benutzen und im indischen Ozean schnorcheln. Das Wasser dort ist 27º warm, in Ufernähe über 30, türkis und das Meer gleicht tatsächlich einem Aquarium (vgl. Katha). Selbst beim Schnorcheln habe ich locker 10 Fischarten, diverse riesige Seeigel und einige Korallen gesehen und bin außerdem mitten in einem riesigen Sardellenschwarm geschwommen. Tauchen muss hier der Wahnsinn sein, ich beneide Katha. Nachdem wir uns an dem Mittagsbuffet gütlich getan haben, fahren wir mit dem Matatu zurück nach Mombasa, wo wir ein letztes Mal übernachten, bevor wir morgen um sieben nach Moshi am Kilimandscharo in Tansania aufbrechen.

Dem Anlass entsprechend noch ein paar letzte Worte zu Kenia:
Was die zwei Monate auf jeden Fall gezeigt haben ist, dass Afrika kein Land ist, auch wenn es von uns gerne als eine homogene Masse aus Armut, failed democracies und Naturschönheiten gesehen wird. Allein Kenia ist heterogener als Mitteleuropa (ethnologisch, nicht kulturell!) und dass die Schwarzen für uns gleich aussehen, macht sie noch lange nicht ähnlicher. Tatsächlich gibt es das aus den kläglichen Überresten seiner Konflikte langsam auferstehende Somalia, das weitläufige, mit Touristenattraktionen gesegnete Tansania, dem seine kommunistische Phase noch nachhängt, den Kongo, dessen Reichtum ihn zu einem der unterentwickeltsten Länder der Welt gemacht hat, weil seit Jahrzehnten Clans grausam um die Bodenschätze kämpfen. Und das Herz Ostafrikas, das internationale, vergleichsweise fortgeschrittene Kenia. Und das war nur ein Bruchteil des Kontinents. Die Länder selbst kann man dann weiter gliedern nach Topographie (in Kenia: Wüste, Hochland, Victoria-Becken, Küste) oder Stammesdomänen (Kenia: über 40 Stämme). Womit wir bei einem großen Problem der meisten Länder hier angekommen sind, dass sich exemplarisch in Kenia deutlich zeigt. Die Identität wird nicht durch Staats-, sondern Stammeszugehörigkeit definiert. Man ist zuerst Kalenjin/Turkana/Masai... und nicht Kenianer. Problematisch wird das, wenn es auf eine labile Demokratie trifft. Parteien vertreten keine Ideologien, sondern - na klar - Stämme. Und man wählt nicht rechts, links, für oder gegen etwas, sondern seinen Stamm. Entsprechend haben die größten Stämme die meiste Macht, Interessen von Minderheiten werden gerne übersehen und die Eliten dienen weniger dem Staat als der Staat den Eliten (ein kenianischer Abgeordneter verdient das 1,5fache eines deutschen, bei Lebenshaltungskosten weit unter 50%. Von der Korruption ganz zu schweigen. Die freie Presse ist zwar hervorragend, erreicht aber durch ein hochklassiges Englisch nur die Höhergebildeten. Man traut es sich kaum zu sagen, aber Kenia täte eine BILD Zeitung ganz gut. Jedenfalls muss ich den Pessimisten in diesem Punkt Recht geben: Ohne strukturelle Veränderungen von innen heraus kann noch so viel Geld aus dem Westen nur akute Not lindern (und leider fast immer die vollen Taschen von Politikern und Funktionären weiter füllen). Und diese Veränderungen lassen sich erstens nicht erzwingen und brauchen zweitens Generationen.
Die größte Enttäuschung wird für viele Besucher die Kultur sein. Ein starres Korsett aus Religion, Hierarchien, Konventionen, fehlender Bildung aber sicher auch mangelndem Müßiggang (wer sich um seinen Bauernhof kümmern muss, um abends etwas auf dem Teller zu haben, philosophiert weniger) erstickt Innovatives im Keim. Niemand kombiniert hier seine Wurzeln mit der westlichen Moderne um etwas Neues zu schaffen. Musik und Fernsehen sind verkitschte Massenware, Literatur gibt es de facto nicht (in der öffentlichen Wahrnehmung).
Aber so will und kann ich nicht schließen, denn das Wichtigste, die Menschen, sind dafür überaus sympathisch. Viele wollten unser Geld und so sehr das in den konkreten Situation auch genervt hat, so sehr kann ich sie im Nachhinein verstehen. Niemand wollte uns etwas Böses, wir haben in Häusern übernachtet und gegessen, deren Besitzer wir gerade so kennen gelernt haben. Die Kinder rennen einem Weißen wirklich freudestrahlend hinterher. Und auf jeden Taxifahrer, der sich an uns eine goldene Nase verdient hat, kommt ein Einheimischer (oder eine Einheimische, die Frauen sind häufig noch hilfreicher und netter), der uns unverbindlich und unentgeltlich in allen denkbaren Situationen geholfen hat.
Trotz all der Schattenseiten: Ich werde Kenia vermissen!

So sorry

Mancher mag beim fünften Durchlesen des aktuellsten Posts verblüfft festgestellt haben, dass dieser bereits seit Längerem zuoberst steht. Das hängt nicht mit mangelnder Schreibbereitschaft zusammen, somdern hat einen sehr viel trivialeren Grund: Seit wir in Tansania sind spielt mein Internet verrückt. Das wird hoffentlich in Dubai und vor allem Indien wieder besser. Stand der Dinge ist, dass wir auf Sansibar sind und in vier Tagen in die Emirate fliegen. Und im Folgenden die akribisch niedergeschriebenen Erlebnisse der letzten zwei Wochen.

Sonntag, 1. Dezember 2013

Tatsächlich... Kultur!

60. 29.11.2013

Da Katha beim Tauchen und die Unterkunft All-Inclusive ist, lasse ich den Tag langsam angehen. Um halb elf suche ich den Strand (vergeblich) und komme eineinhalb Stunden später zum Mittagessen zurück, kurz vor Katha. Dort lerne ich eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der TU München kennen, die hier zur Zeit eine Konferenz über den Umgang mit Menschen mit speziellen Bedürfnissen im staatlichen Bildungswesen vorbereitet, wenn ich sie richtig verstanden habe. Danach reist sie auf jeden Fall auch in Kenia herum, zum ersten Mal, obwohl sie schon fünfmal hier war.
Nachmittags besuchen wir die Ruinen einer Suaheli Siedlung aus dem 17. Jahrhundert, eine der wenigen kulturellen Aktivitäten, die das Land zu bieten hat. Nicht spektakulär, aber doch interessant, ebenso der Führer, der trotz oder wegen manch abstruser Theorie ("venomous snakes are good for our country. They reduce population growth") sehr unterhaltsam war. Die Zeit in Kenia neigt sich spürbar dem Ende zu, wahrscheinlich übermorgen werden wir mit dem Bus nach Tanga fahren, um von dort zwei Wochen Tansania zu erkunden. Aber für abschließende Worte bin ich gerade zu müde, die gibt es wann anders.

Dafür heute diese fantastische Schildkröte, die sich frühmorgens im Gefecht mit Katha einen Schattenplatz unter dem Zelt für den Tag erkämpft hat, sodass ihr nurmehr die Hälfte ihrer Isomatte zur Verfügung stand. Nachdem sie sich am nächsten Abend immer noch nicht verzogen hatte, wurde sie von Katha kurzerhand manuell verlegt.

Donnerstag, 28. November 2013

Leider weiter

59. 28.11.2013

Ich hätte es in diesem Paradies (Werbung: South Coast Backpackers) weitere zwei Tage ausgehalten, aber Katha hat leider auch Rechte und von Anfang an klargemacht, dass sie in Kilifi (nördlich von Mombasa) tauchen möchte. Also satteln wir die Rucksäcke, sehr langsam und mit schmerzverzerrten Gesichtern und fahren recht umständlich in besagten Ort. Jedesmal dachte ich bisher, dass der Höhepunkt bei Sonnenbränden nun erreicht sei und jedesmal überrascht mich meine Haut mit leuchtenderen Farben und grelleren Schmerzen, die ein 18kg Rucksack nicht unbedingt vermindert. Immerhin ist die Unterkunft fullboard in Kilifi für uns dank Kontakten umsonst, wir sind im Guesthouse der Universität untergebracht. Zur Feier des Tages gönne ich mir eine wirksame Sonnencreme. Da Einheimische darauf nicht angewiesen sind, schraubt sich deren Touristenpreis im Supermarkt auf abenteuerliche 15€ für ein 200ml Fläschchen.

Mittwoch, 27. November 2013

Chillig!

58. 27.11.2013

Strandurlaub halt. Was soll man dazu schon groß erzählen? Der 20-jährige Deutsche hat auch gerade sein Abi gemacht und beinahe dieselben Pläne wie ich, außerdem dabei ist ein Südafrikaner, der in Kenia Motorradtouren für Westler anbietet. Gemeinsam sind wir ein bisschen am Strand, dann bin ich ein bisschen im Pool, hab ein bisschen rote Haut, weil die lokale Sonnencreme einen Scheiß taugt und schreibe schließlich ein wenig. Haben wir uns nach Mt. Kenya verdient.

Endlich Strand

57. 26.11.2013

Wir entschließen uns dazu, weiter nach Süden zu fahren, in den Touristenort Diani Beach, wo es laut Alex ein geniales Backpackerhostel geben soll. Mombasa liegt auf einer Insel und Brücken zum Festland gibt es nur im Norden und im Westen, wir müssen also die Fähre nehmen. Die ist sogar umsonst, doch das Gedränge beim Ein- und Aussteigen ist eine Einladung an Taschendiebe. Uns passiert aber nichts, eine Stunde später, teils im Matatu, teils auf dem Motorbike, kommen wir bei South Coast Backpackers an. Ich muss Alex recht geben. Alles ist spottbillig, den Besitzern sieht man nicht an, dass sie überhaupt arbeiten und trotzdem läuft der Laden perfekt. Das Publikum ist zwar überwiegend amerikanisch-europäisch, aber doch sehr gemischt. Ein 20-jähriger Deutscher auf Weltreise, ein spanischer Unternehmensberater im Ruhestand, italienische Globetrotter die in der Region gearbeitet haben... Langweilig sind die Geschichten jedenfalls nicht. Das Meer schon. Wegen eines vorgelagertes Korallenriffs plätschert es nur sanft vor sich hin. Angesichts der Umstände ist das verschmerzbar. Abends noch ein kleiner Schock: Die Italiener sind mit dem Motorbike, dass sie sich für den Abend gemietet hatten, stehen geblieben und wurden daraufhin ausgeraubt, einer von ihnen am Kopf verletzt. Die angespannte Sicherheitslage kriegt man als Tourist nicht sofort mit, aber selbst unsere Anlage hat mindestens fünf bewaffnete Wachmänner und nachts nehmen auch die Einheimischen lieber ein Taxi. Nach aktuellem Stand geht es dem Italiener aber bereits besser, außerdem geriet er an einen ehrlichen Verbrecher, der immerhin seinen Reisepass am Tatort zurückließ und ihm so einige hundert Euro und sehr viel Bürokratie ersparte.

Montag, 25. November 2013

Parallelwelt

56. 25.11.2013

Die Nacht haben wir erneut über der Hinterradachse eines Fernbusses ergo ohne Schlaf verbracht, dafür ein Hotel eingespart und einen Tag mehr an der Küste. Mombasa empfängt uns hässlich, aber immerhin leise, was allerdings eher der Uhrzeit als dem Flair geschuldet ist. Wir finden ein Hotel, das uns aufpreislos um 6:30 Uhr aufnimmt, schlafen bis kurz vor elf und treffen nochmal Alex und Laramie, die kurz vor ihrem Rückflug nach Nairobi stehen und schon eine Woche an der Küste verbracht haben. Hätten sie gewusst, dass ihr Flug gecancelled würde, hätte es noch ein netter Nachmittag werden können. So verabschieden wir sie überflüssigerweise schon um halb zwei. Um fünf werden wir am Hotel von R. abgeholt, ein ehemaliger Studienkollege und nach wie voriger Freund von Kathas Eltern, der es zu was gebracht hat. Auf einem wunderschönen Anwesen mit Meerblick und einigen hundert Quadratmetern Wohnraum, die nur zu einem Drittel benutzt werden, lernen wir endlich mal eine Familie aus dieser mysteriösen Oberklasse kennen, die sich durch den öffentlichen Raum nur in teuren Geländewagen bewegt und eine eigene Gesellschaft bildet. Aber sie wirken weder abgehoben noch arrogant, sind sehr sympathisch und zeigen auch für unser begrenztes Budget Verständnis (im Gegensatz zu Souvenirverkäufern, Taxifahrern und Kellnern). Ein bisschen sehr überzeugt ist der Hausherr von seinen Leistungen und Errungenschaften, aber das könnte auch an meiner deutschen Sichtweise liegen, lieber falsche Bescheidenheit als ehrliche Prahlerei. Die Rückfahrt zum Hotel wird zu einer exklusiven Stadtrundfahrt ausgeweitet, bevor wir aus dem SUV zurück in die authentische, aber leider unluxuriöse Welt der Backpacker entlassen werden.

Finanzfragen

55. 24.11.2013

Eine Katha in bemitleidenswertem Zustand und ich fahren zurück nach Nairobi, um das zentrale Hochland Kenias ein für alle Mal hinter uns zu lassen und endlich mal ans Meer zu kommen. Mittags sind wir in der Hauptstadt, verwerfen alle etwaigen Pläne für Unternehmungen die körperlichen Eigeneinsatz erfordern und bleiben bis acht Uhr abends in einem Coffeeshop mit Wifi. Danach noch ein kleines Essen und eine größere Diskussion mit dem Personal über dessen Preis. (die wohl hässlichste Seite Kenias - Weißen, die ja sowieso alle reich sind, mehr Geld abzuverlangen als Schwarzen ist hier mehr Regel denn Ausnahme und wird z.B. vom Staat durch eine Resident/Non-Resident Klassifizierung bei Unterkünften begünstigt. Entweder man wird hier abgebrüht oder ausgenommen. Grundsätzlich sollte man immer zahlen, was auf der Karte steht, erwarten, was auf der Karte steht, Taxis auf mindestens ein Viertel des erstgenannten Preises handeln und denen, die am lautesten schreien die geringste Aufmerksamkeit schenken. Es gibt viele nette Menschen hier, um das nochmal klarzustellen, aber die muss man schon selbst finden, während man angesprochen nur von denen wird, die Geld wollen.)
Schon sitzen wir im Nachtbus nach Mombasa, wo ich das erste Mal in Kenia eine Sitzposition einnehmen kann, die auch nach 30 Minuten noch keine Taubheitsgefühle auslöst.

Samstag, 23. November 2013

Mt. Kenya - ist das noch Urlaub?

51. 20.11.2013

Zuerst greife ich Katha die wohlverdiente heiße Dusche ab (sie geht bei ihr nicht mehr), dann frühstücken wir viele Mandazis, wegen Fett und Kohlenhydraten und Geschmack und Preis und fahren um halb acht per Motorbike zur Agency, wo uns unser Guide vorgestellt, Equipment ausgeliehen und umgepackt wird. Weitere 15km mit dem Motorbike (das beste Fortbewegungsmittel in Kenia: spottbillig, überall verfügbar und flexibler als Autos. Und spaßiger auch noch.) und wir sind am Gate. Von dort sind es 10km bzw. 600hm bis zur ersten Hütte, der Meterological Station auf 3050m. Klingt mäßig anstrengend, aber Höhe, Strecke und Gepäckmenge bringen einen doch zum Schwitzen. Angekommen suchen wir Taktiken den hier ungewohnten Temperaturen von 10 Grad zu trotzen und liegen, der Höhe geschuldet, die meiste Zeit dösig in der Gegend herum (meistens in den warmen Schlafsäcken). Morgen dann 12km und 1200hm plus Übernachtung bei 2-5ºC.

52. 21.11.2013

Das Aufstehen ist die Hölle, zur Müdigkeit (es ist 6:30 Uhr) kommt die Temperaturdifferenz 30 Grad im Schlafsack vs. 5 Grad außenrum. Das Wetter ist dafür phänomenal. Die ersten 500hm bzw. 4km gehen durch Bambusregenwald, der dem Nadelwald folgt, der der normalen hiesigen Vegetation folgt, wo alles kreuz und quer und in allen Variationen wächst (gefühlt). Nach dem Bambuswald, auf ca. 3300m, kommen wir in gras- und buschüberwuchertes Sumpfland, durch das ein 7km langer, unverschämt steiler Pfad führt. Katha, die noch nie auf dieser Höhe unterwegs war, hat mit der Luft zu kämpfen, sowie Kopfschmerzen. Die letzten fünf Kilometer sind dagegen fast harmlos, bei einer Steigung von vielleicht 5% laufen wir 250hm ein Tal bis auf 4300m hoch, wobei sich Vegetation und glücklicherweise auch Untergrund verändern. Statt schlammiger Erde dominieren hier Felsböden und Sumpfgräser werden durch irgendwelche riesigen Maiskolben und palmenartige Bäumchen (botanisch habe ich es nicht so drauf) abgelöst. Nach acht Stunden, Schnitt 1,5km/h kommen wir am Mackinders Camp an, begrüßt von fetten Klippschiefern, die sich in der nahrungstechnisch günstigen Lage neben der Hütte angesiedelt haben. Ursprünglicher Plan war, am nächsten Tag die brutale, aber kurze Etappe zur Austrian Hut auf 4800m mit Rucksack zurückzulegen, dort zu übernachten und am nächsten Morgen die letzte Stunde zum Point Lenana vor Sonnenaufgang zu schaffen. Aber Akklimatisierungsprobleme und die Wetterbedingungen sprechen dagegen. Also wie in den Bergsteigerdokus Aufstieg über 700hm mitten in der Nacht vom Mackinders Camp aus. Da wir um zwei Uhr aufstehen, legen wir uns nach kurzem Akklimatisierungsspaziergang hoch bis auf 4500m bereits um acht schlafen.

53. 22.11.2013

Von den verfügbaren sieben Stunden Schlaf nutze ich effektiv zwei. Ich habe zwar keine Probleme mit der Höhe, aber irgendwie sieht mein Körper nicht ein, dass es sinnvoller wäre, nochmal zu ruhen und beschäftigt mich über Stunden mit Ohrwürmern und irrelevanten Fragen. Da bin ich eigentlich froh, als der Wecker dem um 1:50 Uhr ein Ende setzt. Katha geht es nicht so toll (Kopf-, Augen-, Halsschmerzen, Kälte und nach dem Essen gesellt sich Übelkeit dazu), was ihr ohne weiteres anzumerken ist. Trotzdem kommt sie um drei mit mir und unserem Guide mit. Der Aufstieg ist noch heftiger als der vom Vortag, über 300hm auf einem (end)losen Geröllfeld, das so steil ist, dass man sich seinen eigenen Zick-Zack Pfad austreten muss. Dazu kommt die Kälte (-5ºC) und sobald man auf einem Grat ankommt der weitaus schlimmere Wind. Meine angeblich auf -20 Grad ausgelegten Handschuhe von North Face sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit, von Katha, deren Wohlfühltemperaturspektrum gegenüber meinem ca. um +10 verschoben ist, ganz zu schweigen. Der letzte Kilometer von der Austrian Hut an besteht aus vielen kurzen Kletterpassagen, die bei den Temperaturen und der Luft auf 4900m zur Feuerprobe werden. Noch zweihundert Meter vor dem Gipfel zweifle ich daran, dass wir ihn gemeinsam erreichen und der Sauerstoffmangel macht sich nun auch bei mir durch Müdigkeit und Schwindel bemerkbar. Trotz alledem: Wir kommen hoch, der Blick ist atemberaubend, aber kein Vergleich zu dem Gefühl, es geschafft zu haben. Ich versuche gar nicht erst, das zu beschreiben, versucht euch statt dessen einfach mal an einem 5000er. Nagut, 4985m, um genau zu sein. Nach einer halben Stunde Gipfelglück geht es auf demselben Weg zurück zum Mackinders Camp, wo auch unsere Rucksäcke stehen (bis auf meinen, der mit Trinkflaschen gefüllt abwechselnd von mir und dem Guide zur Austrian Hut und zurück geschleppt wurde). Diesmal aber im Tageslicht. Sogar während der Nacht konnte man ohne Lampe laufen, weil der Dreiviertelmond hier senkrecht über einem steht. Aber erst im Tageslicht kann man die außergwöhnliche Landschaft aus grauen Steinen, brauner Erde, azurblauen, klaren Seen, weißglitzernden Gletschern und ein paar Farbtupfern einiger weniger pflanzlicher Überlebensspezialisten wahrnehmen.
Sobald wir abwärts laufen, scheint alles leichter: Wir sind dreimal so schnell und die Luft macht keine Probleme mehr. Nach ca. 1,5 Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt und zumindest ich belohne mich mit einem ausgiebigen Früstück. Zwei Stunden später entschließt sich Katha an ihre Grenzen und die 13km zur Meterogical Station hinunter zu gehen, was auf den Tag hochgerechnet 26km / 700hm bergauf / 2000hm bergab bedeutet. Wegen des Geländes und der Luft sind das über zehn Stunden reine Gehzeit! 15 Stunden nach dem Aufbruch, um sechs Uhr abends, kommen wir mit zitternden Beinen an, essen schnell was und sind auch schon im Schlafsack verschwunden.

54. 23.11.2013

Ausschlafen nach den gestrigen Strapazen ist nicht, in der Bambuswaldzone beginnen die Niederschläge während der Regenzeit meist um 10 Uhr und wir brauchen etwa drei Stunden für die letzten 10km / 600hm bergab. Also Aufstehen um sechs. Wegen meines langen Frühstücks kommen wir trotzdem erst um halb acht los und weil Katha am Ende ist, so richtig, aber noch stolz genug, mir nicht ihren Rucksack zu überlassen, erreichen wir das Gate um viertel zwölf. Von da an geht es schnell: Zurück nach Naru Moru per Motorbike, Hotel aufsuchen, das erste Mal seit drei Tagen duschen, schlafen (Katha), die letzten Tage verarbeiten (fotografisch und mental - Linus).
Jetzt ist es vier, ich wundere mich selbst, warum ich nicht todmüde bin, aber in ein paar Stunden werde ich sicherlich auch schlafen. Ich schätze, die Aussage wird Katha so nicht unterschreiben, aber mir war es den Eintritt, die Anstrengung und das Fehlen jeglichen Komforts wert. Und im Gegensatz zu den meisten Touristenschwächlingen, die mit 4kg Daypack aufsteigen und den Rest von Portern übernehmen lassen, haben wir es wirklich selbstständig hoch geschafft.

Mittwoch, 20. November 2013

Es geht hoch

50. 19.11.2013

Heute steht eine schwere Entscheidung an: Gemmer hoch? Der Mount Kenya liegt seit unserer Ankunft in den Wolken und wir sind nicht so sicher, ob die weiter oben verschwinden, auch wenn das jeder Tourguide versichert. Als wir beim Informationen sammeln nach längerem Suchen schließlich bei einer günstigen, abgelegenen und sympathischen Agentur landen, ist es um uns geschehen. In der nächsten Stadt erledigen wir im Supermarkt die nötigen Essensbesorgungen. Durch die dort ststionierte britische Armee und die Bergsteiger hat der Nakumatt dort ein mit unseren Supermärkten fast identisches Sortiment, nur teurer, weil importiert. Um Seeberger Nüsse & Früchte und Knorr Soßenpulver für Spaghetti Carbonara reicher fahren wir zurück nach Naru Moru, essen für 60ct lecker zu Abend, packen und versuchen zumindest, früh zu schlafen.

Montag, 18. November 2013

Noch immer Nairobi

48. 17.11.2013

Nur fünfeinhalb Stunden nach Schlafeintritt holt mich mein Wecker aus dem Bett. Mit einer Mischung aus Neugier und Resignation, was die Einhaltung meines Budgets in dieser Stadt betrifft, gehe ich zum frühstücken in einen Coffeeshop, dessen Ähnlichkeit mit westlichen Vertretern bei Design und Qualität beginnt, aber leider über die Preise fortgeführt wird. Aber YOLO, der Blick und der Fruchtsalat rechtfertigen das halbe Tagesgehalt eines Lehrers in Kenia. Danach ins erschwingliche IMAX 3D-Kino, wo sich zielgruppengerecht normalerweise billige Actionfilme mit Bollywood Melodramen abwechseln, aber heute, Glückstag, Gravity läuft. Das alles übrigens ohne Katha, die hat sich für Ausschlafen entschieden. Als ich um viertel zwölf zum Hotel zurückkomme, hat sie dafür schon Perpetual dabei, die wegen uns extra von Eldoret nach Nairobi gefahren ist. Zusammen wollen wir in ein Tierwaisenhaus, wo der Tourist noch Tourist sein darf, mit umhängender Kamera und Sonnenhut. Die Eintrittspreiserhöhung, die höchstens mit einer Hyperinflation zu rechtfertigen wäre, hält uns davon leider ab, dafür fahren wir zwei Stunden Bus, bzw. stehen Bus, das trifft es auf Nairobis Hauptverkehrsadern besser. Erneut im Stadtzentrum schauen wir uns eine enttäuschende Ausstellung der Alliance Française an, bizarrerweise auf Spanisch, besichtigen eine mäßig schöne, vor allem große Kirche und sitzen mir nichts, dir nichts plötzlich wieder in dem tollen Coffeeshop. Unser Heimweg (wir haben ein neues Heim bei Perpetuals Tante, ca. 4km vom Stadtzentrum entfernt) wird von marodierenden Fußballfans und Tränengas unterbochen. Alljährlich stellen diese ihren mangelnden Intellekt unter Beweis, indem sie nach diesem speziellen Derby zwischen zwei Erzrivalen randalierend durch die Straßen ziehen, sich gegenseitig verfolgen und -prügeln und sich Reizgasen aussetzen. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, welche der beiden Mannschaften gewonnen und welche verloren hat, solange Alkoholpegel und Gruppendynamik stimmen. Ein wenig mulmig war gerade mir schon zumute, da ich sämtliche Wertsachen dabei hatte. Aber abgesehen von den üblichen "Mzungu" Ausrufen interessieren sich die Fans mehr füreinander. Blöd nur, wenn genau dort, wo man hinmöchte, eine Menschenmenge auseinanderstiebt, weil zwei Tränengasgranaten hochgehen.
Aber ernsthaft: Auch mit schlechtem Bauchgefühl war es interessant, diese Art von Massenbewegung mal in der Realität und nicht im Fernsehen zu sehen. Der restliche Abend verläuft, sieht von der selbstmörderischen Busfahrt ab (aber der Verkehr ist mittlerweile Normalität für uns geworden), wesentlich unspektakulärer und muss, speziell zur jetzigen Uhrzeit und in Anbetracht des nachzuholenden Schlafs, nicht ausgeführt werden.