Mittwoch, 21. Mai 2014

Zuviel für einen Tag

220. 20.05.2014

Fünf Tage. Wir können nicht glauben, dass wir schon so lange hier sind. Nach der Langsamkeit und vielen Zeit in Indien und Nepal war Singapur für uns wie ein Rausch. So viel zu sehen, so schnell, so modern, so groß. Ich merke, dass ich im Zweifelsfall doch ein Großstadtmensch bin, die vergangenen Tage waren für mich eines der absoluten Highlights, das kann ich jetzt schon sagen. Genauso, dass Singapur außerhalb Europas meine absolute Lieblingsstadt ist. Freundlichkeit, Effizienz, Struktur. In diesen Punkten ist es nicht nur seinen Nachbarstaaten, sondern auch unseren Großstädten um Längen voraus.
Was uns zum Tagesgeschehen bringt, denn wir gehen eigentlich viel zu spät zum Flughafen los, da ich meine Kopfhörer nicht finden kann. Zwischen Selbsthass, Wut auf alles und Nachgrübelei gebe ich mein Bestes, beim Abschied von Yin Tian freundlich zu sein. Obwohl teilweise ziemlich kauzig, ist er ein freundlicher und echt netter Gastgeber gewesen. Nach ein paar Minuten Warten kommt der Bus zum Terminal, wo wie auf Abruf der Flughafenbus bereits steht und sich, kaum dass wir drinnen sind, in Bewegung setzt. Ob Glück oder perfekte Abstimmung, so kommen wir jedenfalls fast zwei Stunden vor Abflug am Terminal an und haben sogar noch genug Zeit, unsere ÖPNV-Smartcards zurückzugeben und von dem verbleibenden Münzgeld einen Kaffee zu trinken. Am Check-In Schalter bekommen wir tatsächlich noch Plätze in der ersten Reihe (sprich absolute Beinfreiheit), was mich in dem Moment zwar auch nicht aufheitern kann, aber im Nachhinein betrachtet doch ziemlich cool war. Der Flug nach Jakarta dauert knapp zwei Stunden und ist wegen der geschlossenen Wolkendecke ziemlich unspektakulär, zumal Lion Air als Billigfluglinie weder Bordentertainment noch Essen (es sei denn gegen Zuzahlung) auf ihren Flügen bietet. Nach dem zum besten Flughafen der Welt gekürten, perfekt organisierten Singapur Changi ist Jakarta ein Schock für uns. Wir laufen dreimal zwischen Immigration und dem "Visa on arrival" Schalter hin und her, weil uns niemand sagen kann, ob wir als Ausländer auf Transit ein Visum brauchen oder erst am Zielort beantragen müssen. Letztlich holen wir uns eines und dürfen uns damit am Zoll einreihen, der zwar unser Handgepäck kontrolliert, aber weder ein Zollformular verlangt noch das restliche Gepäck inspiziert, dass wir ja auch überhaupt nicht haben, schließlich sind wir auf Transit. In einem überfüllten Bus wechseln wir von Terminal 2 auf 1, von dem die Inlandsflüge abgehen. Obwohl eigentlich ein großer Flughafen, wirkt Jakarta durch die Aufteilung in viele Terminals und Subterminals nicht so. Eine weitere lokale Besonderheit lernen wir am Check-In für unseren Anschlussflug kennen: Die Flughafengebühr. Die beträgt 40 000 Rupiah, was 2,60€ entspricht, jedoch haben wir noch keinen Cent in dieser lustig inflationären Währung. Der Preis, den wir in Singapurdollar zahlen müssten, ist nach Umrechnung fast doppelt so hoch, also heißt es rückwärts durch die Sicherheitsschleuse und den nächsten Bankautomaten ausfindig machen. Dabei fällt uns auf, wie billig Indonesien ist. Selbst internationale Marken wie Starbucks, eigentlich ein Garant für vergleichbare Preise (immerhin haftet ihnen ein Premiumsiegel an), gibt hier wegen der schwachen Währung einen gewaltigen Nachlass. Ich kaufe mir für 1,30€ einen Muffin und ein riesiges Bananen-Schokohörnchen (am Flughafen!) und schon gehen wir für den zweiten Versuch wieder zurück zum Terminal. Dieses Mal klappt der Einlass problemlos und es bleibt sogar noch genügend Zeit für ein schnelles Essen. Ich mache es mir leicht und nehme einen Burger, anstatt bei einem der an sich leckeren lokalen Restaurants das Risiko einzugehen, dass ich am Ende Innereien, mir unbekannte Pflanzen oder einen Liter Soyasauce in meinem Essen vorfinde. Eva wählt diesen Weg und wird von ihrem gebratenen Reis nicht enttäuscht, allerdings genauso wenig begeistert. Mit dem Nachtisch im Rucksack geht es auf den dreieinhalbstündigen Flug nach Manado, über 2500km von Jakarta im Nordosten Sulawesis gelegen. Auch dieses Mal gibt es keine Verpflegung und wenn wir nicht gerade aus dem Fenster die kleinen Lichter der großen Schiffe bestaunen, arbeiten wir konzentriert auf unsere Bildschirme starrend Singapur schriftlich auf. Um halb elf lokaler Zeit (Deutschland +6) kommen wir - im Gegensatz zu unserem Gepäck - in Manado an. Das ruht noch dort, wo wir es aufgegeben haben, in Singapur, wird allerdings, wie uns mehrfach versichert wird, morgen Vormittag bis zum Hotel geliefert werden. Hoffen wir's, dort liegt auch meine letzte Chance auf die Kopfhörer begraben. Da wir viel über Betrügereien mit Taxametern in Indonesien gehört haben, nehmen wir die überall empfohlenen, landesweit aktiven Bluebird Taxis, denen man angeblich blind vertrauen kann. Am Hotel angekommen können wir es kaum fassen: 54500 Rn, 3,60€ für 14km. Selbst in Indien hätte ein vergleichbares Taxi (leise, AC, Nachtzuschlag) minimal das Doppelte gekostet! Auch das Hotel sieht hervorragend aus und gleich daneben ist ein Supermarkt, der auch noch um halb zwölf geöffnet hat. Wir treffen die verhängnisvolle Entscheidung, noch einmal hineinzuschauen bevor wir aufs Zimmer gehen. Die Preise sind so günstig wie erhofft, wir holen uns jeder noch etwas zu trinken und laufen gerade auf dem Gehsteig zurück, als es Eva urplötzlich der Länge nach hinstreckt. Zuerst wundere ich mich, denn alles, was ich sehen kann, ist ein 10cm hoher Absatz. Dann zeigt mir Eva einen offenen Gully, der sich im Schatten unsichtbar über den halben Gehsteig zieht. Sie blutet ein bisschen an Knie und Hand, aber sonst geht es ihr gut, was man von ihrer Hose nicht behaupten kann. Sie kann sich nicht zwischen Lachen und Weinen entscheiden bis wir im Zimmer sind. Dessen Standard für 18€ stimmt uns letztendlich versöhnlich mit diesem Tag voll nerviger, dummer, schöner und absurder Erlebnisse.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen