215. 15.05.2014
Nach einer unruhigen und kurzen Nacht (Zeitverschiebung +2,5 Stunden) erreichen wir Singapur Changi um acht Uhr dortiger Zeit. Ich muss etwas drogendealerhaftes an mir haben, denn erneut bekomme ich eine Sonderbehandlung beim Zoll, meine Personalien werden geprüft und erfasst. Ansonsten macht der Flughafen einen guten Eindruck. Wir fahren mit dem Bus eine Stunde quer durch Singapur (für einen Staat ist es mit der Fläche Hamburgs mikroskopisch klein) in das Viertel Woodlands, wo unser Couchsurfing-Gastgeber wohnt. Die Stadt wirkt weitläufig, sauber, extrem gut organisiert und vor allem grün. Häufig sieht man vor lauter Wald und Wiesen gar keine Häuser. Beim Aussteigen aus dem Bus spüren wir zum ersten Mal, wieso die Vegetation hier so üppig gedeiht. Nach zehn Stunden in wohltemperierten Flughäfen und -zeugen sowie klimatisierten Bussen erschlägt einen die plötzliche, drückende Hitze. Das Klima ist exakt so wie im Dschungelteil von botanischen Gärten, Temperaturen um die 32ºC und eine Luftfeuchtigkeit jenseits der 80%. Innerhalb von fünf Minuten mutiere ich zum Wasserfall, als der rettende Anschlussbus kommt und uns in weiteren zehn Minuten zu unserem Gastgeber bringt. Yin Tian ist Frührentner mit chinesischen Wurzeln, lebt alleine und hat womöglich deswegen zwei Gästezimmer für Couchsurfer hergerichtet. Wir können unser Glück kaum fassen, wir haben einen klimatisierten Raum mit Kleiderschrank, angeschlossenem Bad und superschnellem Wifi. Für dasselbe zahlt man in den Hotels hier mindestens 60€ pro Nacht. Vorerst können wir nur zwei Tage bleiben, weil sich eine Französin für die Zeit danach vorangemeldet hat. Nach einer kurzen Verschnaufpause machen wir uns auf den Weg in die Stadt, der mit der Metro immerhin 40 Minuten in Anspruch nimmt. Nach so viel Sitzen wird es Zeit für etwas Gegenprogramm. Zum Beispiel mit einem 12km Spaziergang um die gesamte Bay Area (CBD und Vergnügungszentrum Singapurs in einem - einfach mal googlen) in der prallen Sonne. Bei jedem anderen hätte ich an dieser Stelle eine zeitweilige Trennung vorgeschlagen. Nicht so bei Eva, sie freut sich über diese "gute Idee". Der Weg führt an fast allen Wahrzeichen Singapurs vorbei, vom Marina Bay Sands Hochhaus über die Orchideenhäuser "Gardens by the Bay" bis zum neuen Sportstadium mit Schiebedach. Eva muss für dieses Klima geboren sein, ihre Haut glänzt nicht einmal, während bei mir alles klebt oder tropft. Während unseres Streifzuges fallen uns zwei Dinge auf. Zum einen das konstant hohe Preisniveau (insbesondere bei Kuchen und Bier), zum anderen die ausgeprägte Höflichkeit der Einheimischen. Man kann in einen Laden schlendern, sich umsehen und ohne etwas zu kaufen wieder gehen und wird trotzdem mit einem "Thank you, have a nice day" verabschiedet. Zur Dämmerung sind wir wieder zurück an der Marina Bay, wo Eva sich ein riesiges Sushi Set für 4€ kauft und zum Abendessen mit auf die Dachterasse des Shoppingscenters nimmt. Mich reizt der Pflaumenkuchen, doch der kostet sogar im Supermarkt 3€ das Stück. Also in alter Dubai Manier zum nächsten Fast Food Restaurant. Beim Essen ist Singapur das genaue Gegenteil von Indien. Man muss sich wirklich anstrengen, um irgendetwas ohne Fleisch auf den Teller zu bekommen. Neben den üblichen Kettenrestaurants gibt es noch eine zweite Möglichkeit, günstig zu essen: Die Foodcourts. Sie sind hier nicht auf Einkaufszentren beschränkt, sondern überall und bieten preiswertes, frisches Essen aus allen Regionen Südasiens. Einziger Nachteil ist, dass man nie so genau weiß, was in den Gerichten eigentlich steckt.
Für Experimente bin ich zu hungrig, meine Risikobereitschaft endet heute beim nächsten McDonalds. Auf dem Heimweg sind wir uns einig, dass die nächsten vier Tage großartig werden.
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