110. 20.1.2014
Kerala ist anders. Menschenmassen und überfüllte Straßen gibt es hier zwar genauso wie in Tamil Nadu, aber da hört es mit den Gemeinsamkeiten auch schon wieder auf. Trivandrum hat Grünanlagen, saubere Straßen und Ampeln. Ich bin noch keinem Bettler begegnet und jeder kann wenigstens das bisschen Englisch das zur Verständigung notwendig ist. Hier hätte ich mal besser meinen Aufenthalt begonnen. Nach ein bisschen Stadt-Sightseeing fahre ich mit dem Bummelzug zum 8km entfernten Veli Tourist Park. Das ist eine Grünanlage am Meer mit großen Granitskulpturen. Ich kann es kaum fassen, nirgendwo liegt ein Obdachloser auf dem Rasen und der Müll ist tatsächlich in den dafür vorgesehenen Eimern. Zur Ruhe komme ich trotzdem nicht, da ich mit diversen Gruppen junger Männer und Schulklassen die "Which is your country? What is your good name? Can I take picture?"-Prozedur über mich ergehen lassen muss. Es muss etwas mit den blonden Haaren zu tun haben, von anderen Weißen (Männern zumindest) habe ich diese Stories noch nie gehört. Man muss sich nur immer wieder vorhalten, dass keiner nerven will sondern alle nur neugierig sind. Am Witzigsten verhalten sich dabei die Schulmädchen. Sie starren einen lächelnd an, bis man zurückblickt. Wenn man dann ebenfalls lächelt drehen sie sich zu ihren Freundinnen und kichern wie verknallte Teenager. Für die Jungs ist es dagegen eher eine Mutprobe den Weißen anzusprechen. Gemeinsam ist allen, dass sie einen unheimlichen Spaß an meiner bloßen Anwesenheit haben. So leicht wäre ich auch gerne zu begeistern.
Zurück in die Stadt geht es per Bus, vorbei an riesigen Werbeplakaten, die etwas typisch keralisches zu sein scheinen. Während die Frauen auf den Plakaten genauso gut in Deutschland hängen könnten, gilt für die Männer ein anderes Schönheitsideal. Eigentlich habe ich noch keines entdeckt. Die einzige und essenzielle Konstante ist der Schnauzer. Ob kugelrund und jovial, grimmig und entschlossen (Bollywood-Actionfilmplakat) oder nachdenklich und seriös, der Schnauzer ist der gemeinsame Nenner. Die einzigen, die von diesem Werbegesetz ausgeschlossen sind sind Weiße und smarte, junge Businesstypen (Haute Couture, Lifestyleprodukte). Ähnlich verhält es sich auf der Straße. Wer nicht zu jung ist oder generell westlich orientiert hat Haare zwischen Oberlippe und Nasenansatz vorzuweisen. Schade dass mein Haarwuchs derartiges noch nicht zulässt, ich würde zu gerne die Reaktion der Inder auf einen blonden Schnauzer sehen.
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