Freitag, 17. Januar 2014

Für umme

106. 16.1.2014

Eine Sache, die einem Indien sympathisch macht, ist dass es viele Veranstaltungen gibt, die beinahe oder gänzlich umsonst sind. In Afrika war der Tod umsonst. Glaube ich, könnte mir auch vorstellen dass Tansania eine einmalige Ausfuhrgebühr für Särge erhebt. Es wurde einem jedenfalls unmissverständlich klargemacht, was von einem Touristen erwartet wird: Möglichst viel harte Währung im Land zurücklassen.
In Indien gibt es jetzt, zur Hochsaison (auch die Inder selbst reisen zur Zeit) in jedem Kaff ein Festival. Tempelfeste, Ausflüge, Tanzaufführungen, Museumsführungen usw. Mal von hoher, dann wieder von bescheidener Qualität. Trotzdem bereut man es bei Preisen zwischen 0 und 1€ kaum.
Heute fährt ein gecharterter Stadtbus eine Ladung Weißbrote von Madurai in ein benachbartes Dorf, wo sich junge Männer jährlich unter Beweis stellen können, indem sie sich so lange wie möglich an einen aufgestachelten Bullen hängen. Ich habe die Theorie, dass die vielen Zuschauer dieselben Gründe wie Formel 1 Fans bei uns haben. Das unterbewusste, voyeuristische Hoffen auf einen Unfall. Enttäuscht werden sie selten, dieses Jahr gab es bei den Veranstaltungen bisher 80 Verletzte. Fragt mich gar nicht erst, wie sich diese Tradition mit der Verehrung von Kühen vertragen kann. Weil dauerndes Hinterfragen und Besserwissen doof ist: Es war fraglos ein sehenswertes Spektakel.
In dem Touribus lerne ich einen Regensburger und zwei Schweizer kennen (alle prinzipiell alleinreisend) mit denen ich abends ein Tempelfest zu Ehren einer Götterhochzeit besuche. Zuvor gehe ich auf eigene Faust zum Ghandi Museum, wo man kaum etwas über Ghandi, aber viel darüber erfährt wie friedliebend, kämpferisch und generell überhammergeil Indien ist. Immerhim kostet der Eintritt dafür nichts. Die Riksha schon. Angemessen wären 60Rs (=75ct) gewesen. Der Fahrer versichert mir allerdings, das er einen Umweg nehmen müsse und verlangt deshalb nach langem Verhandeln 180 für Hin- und Rückfahrt. Als wir angekommen sind zeige ich ihm auf meinem Smartphone, dass wir gar keinen Umweg gefahren sind und biete ihm an, ihm jetzt 90 oder später 130 zu geben. Er lehnt beides ab und schmollt, ich kann ihm auch nicht helfen (bzw. will nicht, weil ich mir dann verarscht vorkäme) und nehme für den Rückweg eine andere Riksha (70 übrigens). Eine Stunde später habe ich vor meiner Zimmertür einen zutiefst aufgebrachten und beleidigten Rikshafahrer stehen, der seine 180Rs einfordert (ich habe ihm dummerweise auf der Hinfahrt bereits das Fahrtziel für den Rückweg genannt). Um ihn stehen zwei offensichtlich amüsierte Hotelangestellte. Der jammernd-schimpfende Tamilwortschwall endet erst als ich ihm 100Rs gebe und das Personal ihn darauf hinweist, dass er damit durchaus zufrieden sein könne.

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