Montag, 17. März 2014

Sauna

162. 16.3.2014

Da mein Schlafrhythmus nicht für die Allgemeinheit geeignet ist und darauf bestanden wird, dass kein Wecker benutzt wird, sind wir erst um elf aufbruchsbereit. Zu dieser Zeit verlässt man sein vergleichsweise kühles Zimmer aber nicht mehr ohne triftigen Grund. Wir kaufen einige Farbbeutel (12ct statt 2€ wie auf den deutschen Plagiatveranstaltungen), Spritzpistolen und was man sonst so benötigt, um sich einer Horde wilder Inder stellen zu können. Danach sind wir bis zwei wieder im Hotel, als wir uns dazu aufraffen können, den Stadtpalast zu besichtigen. Architektonisch zu heterogen um zu beeindrucken (die verschiedenen Herrscherfamilien errichteten Anschlussbauten im jeweils zeitgenössischen Stil), beherbergt er ein für hiesige Verhältnisse hervorragendes Museum. Wegen der Hitze machen wir andauernd Pausen und lassen uns sehr viel Zeit. Unterhaltsam ist vor allem die Malerei im Mogulstil, bei der es witzigerweise nur die Profildarstellung gibt. Wenn eine Person also beispielsweise in den Raum hineinreitet, wird sie nicht verkürzt, sondern einfach um 90º gedreht, sodass sie sich nach oben bewegt. Dasselbe geschieht mit Mauern und Gebäuden und es scheint kein Stilmittel, sondern Unvermögen zu sein, da auf späteren Bildern (18. Jhd.) Perspektive und Darstellung stimmiger sind.
Vom Stadtpalast fahren wir mit einer Riksha zum Fateh Sagar, einem weiteren angrenzenden See, an dessen Ufer sich der einstige Lustgarten der Mogulen befindet. Instandgehalten und sauber macht er einen guten Eindruck, den vor allem indische Pärchen und Familien zu schätzen wissen. Gemächlich laufen wir durch einen untouristischen Teil Udaipurs zurück zu unserem Hotel und von dort direkt weiter zum Tempelvorplatz. Am Vorabend von Holi werden in den Straßen große Strohpuppen, die irgendeine Dämonin symbolisieren sollen, verbrannt. Die größte Puppe und die größte Party sind jedes Jahr auf diesem Platz. Da wir nicht allzu große Lust verspüren, wie einige andere Weiße (zur Begeisterung des fast ausschließlich männlichen, indischen Publikums) auf der erhöhten Tanzfläche die Hüften kreisen zu lassen, suchen wir uns ein, genau, Dachterassenrestaurant, von wo wir einen genialen Überblick auf das Geschehen haben. Um etwa halb zehn wird die Puppe verbrannt, indem eine hundert Meter lange Crackerkette angezündet wird und sich unaufhaltsam und ohrenbetäubend ihren Weg knallt. Da wir direkt über der Kette sind, kämpfen wir zwischenzeitlich mit einer Rauchvergiftung und husten noch bis zum Schlafengehen. Nachdem die Strohpuppe und diverses Feuerwerkszeug abgebrannt sind, darf der DJ noch einmal 10 Minuten Party machen, bevor die Polizei der Veranstaltung ein Ende setzt, zum Unmut der anwesenden Inder (es war aber auch schon halb elf!). Wir schaffen es zum Hotel ohne mit Farbe beschmissen zu werden. Ein bisschen mulmig fühle ich mich, aber die Vorfreude überwiegt.

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