156. 8.3.2014
Obwohl ich es nicht so empfinde, erzählt Pietsch am nächsten Morgen ich hätte geschlafen wie ein Baby. Trotz halboffenen Fensters, ständigen Hupens und dem herumgeschleudert werden durch die Speedbreaker in Kombination mit miserablen Stoßdämpfern. Ich fühle mich nicht allzu ausgeruht, aber "glücklicherweise" stehen noch weitere 6 Stunden Fahrt bis zum Zielort Palitana an. Die Gujaratis scheinen wie die Tamilen ganz im Süden echte Sprachnazis zu sein, denn Englisch spricht kaum einer und die Schilder am Busbahnhof sind nicht einmal auf Hindi, sondern nur in der Lokalsprache.
Eine Blätterteigtasche mit undefinierbarer, scharfer Füllung sättigt für den Moment und macht mir deutlich, was ich mittlerweile alles herunterbekomme. Um kurz vor 9 fährt der Bus ab und wir scheinen die einzigen an Bord mit Englischkenntnissen zu sein. Unangenehm wird es, als eine Gruppe der üblichen Verdächtigen, angefeuert durch das Kichern anwesender Mädchen, unaufhörlich Witze über uns macht. Ich ignoriere sie für mindestens eine halbe Stunde, doch irgendwann reicht es mir. Ich sage etwas ziemlich beleidigendes auf Englisch, verbunden mit der Bitte, die Schnauze zu halten und bin ganz verwundert darüber, dass es Wirkung zeigt. Bis sie aussteigen (zugegebenermaßen nicht viel später) bleiben die Halbstarken ruhig. Die Mädchen, die zuvor noch gelacht haben, starren uns nun, da sie freies Sichtfeld haben, an wie von einem fremden Planeten. Wie üblich trauen sie sich kein Wort zu sprechen , kichern nur ab und zu. Mit Socke haben sie immerhin ein Mädchen, dass sie ansprechen können und irgendwann nimmt die Älteste all ihren Mut zusammen und fragt in gebrochenem Englisch nach unseren Namen. Eine Konversation entwickelt sich daraus natürlich nicht, aber das gegenseitige Beobachten ist auch ganz unterhaltsam. In Palitana wird schnell klar, dass dieser Ort eher selten westliche Touristen zu Gesicht bekommt. Zum einen gibt es in der 70 000 Einwohner zählenden Stadt ganze zwei Hotels, die aber nur geringsten (sprich unseren) Ansprüchen genügen, zum anderen werden wir am Busbahnhof innerhalb von zehn Minuten dreimal angesprochen (mehr oder weniger Englisch). Nicht von Rikshafahrern oder Verkäufern, sondern von neugierigen Indern. Den Nachmittag über ruhen wir uns aus, nach über 20 Stunden Fahrt ist Abendessen genug Programm für heute. Doch selbst ein Restaurant ist hier keine Selbstverständlichkeit, zumindest, wenn die Speisekarte mehr als fünf Gerichte umfassen und diese nicht nur in Gujarati auflisten soll. Nach einer halben Stunde finden wir eines, wenn auch überteuert. Auf dem Heimweg hält plötzlich ein Roller neben Socke, mit einem kleinen Mädchen und ihrem Bruder darauf. Ohne Umschweife bittet uns die vielleicht 11-jährige mit zu sich nach Hause (und das im Übrigen in makellosem Englisch). Wir sind zuerst ziemlich überrumpelt, entschließen uns dann aber dagegen und schlagen ihr vor, uns am Folgetag um zwei Uhr nachmittags vor unserem Hotel zu treffen. Mal sehen, ob sie kommt.
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