Donnerstag, 20. März 2014

Filmkunst

164. 18.3.2014

Eines muss man der 1. Klasse lassen - es schläft sich verdammt gut! Zumindest für mich und Socke, die anderen beiden dürfen sich ein Bett teilen und eine sehr innige Nacht verbringen (sogar die sonst eher schweigsamen Mitfahrer fanden das witzig). Das Aufstehen um sechs fällt also nicht leicht, speziell Socke, die am Vorabend noch Ewigkeiten gelesen hat. Bahnhofsgegenden sind in Indien ausdruckslos und gleichgeschaltet wie Subwayfilialen, Jaipur macht da keine Ausnahme. Da das beste Guesthouse mit dem besten Restaurant gleich um die Ecke liegt, laufen wir dorthin, um zu erfahren, dass es ausgebucht ist. Nach ein wenig Herumsuchen finden wir eine Bleibe für eine Nacht und können beruhigt frühstücken. Dabei entschließen wir uns, den anstrengenden Sightseeing Teil auf den Folgetag zu verschieben und heute nur für einen Bollywoodfilm und die nationale Lassiinstitution "Lassiwalla" in die Innenstadt zu laufen. Im ältesten Kino der Stadt (und vielleicht schönsten des Landes) läuft eine belanglose Romantikkomödie mit frappierender Ähnlichkeit zu "Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich". Doch die Zutaten umwerfende Frau, muskulöser Mann mit mindestens einer oberkörperfreien Szene, Tanzeinlagen und triefendes Happy End sind enthalten und da der Film im jungen Mittelschichtmilieu spielt, ist das Hindi mit so viel Englisch durchmischt, dass die minimale Handlung erst Recht keine Hürde darstellt. Socke amüsiert sich wie üblich besser als die anwesenden Inder, Pietsch und Ladegast zeigen sich positiv überrascht. Nach der Vorstellung machen wir uns auf die Suche nach dem echten Lassiwalla, in dessen Umgebung sich ein halbes Dutzend Nachahmer unter selbem Namen angesiedelt haben. Im Zweifelsfall einfach dorthin gehen, wo die meisten Einheimischen sind. Die Taktik funktioniert, der Lassi, hier noch altmodisch in Wegwerftonkrügen serviert, schmeckt himmlisch. Leider gibt er auch den angeschlagenen Mägen von Pietsch und Ladegast den Rest (ein halber Liter angereicherte Milch und Zucker sind bei flauem Magen einfach nicht das Richtige). Der Rest der Truppe nimmt also den kürzesten Weg zurück, ich laufe noch einen kleinen Bogen über die Altstadt. Bis zur weltberühmten Pink City dringe ich nicht vor, dafür entdecke ich eine der ärmeren Gegenden mit schmalen Gassen, Tieren, Müllbergen und Kindern, die darin nach Verwertbarem suchen. In Kenia hätte ich wohl geschaut, dass ich schnellstmöglich aus dem Viertel herauskomme, aber hier fühle ich mich nicht bedroht. Im Gegenteil, mehr Menschen als sonst grüßen mich und Kinder winken, sobald sie mich erblicken. Durch mein neurotisches Hetztempo beim Laufen bin ich trotzdem als erster zurück, womit ich bei den anderen einen Schockmoment verursache, als sie die offene Zimmertür sehen.
Zum Abendessen gehen wir in das angeblich beste Restaurant der Stadt in dem ausgebuchten Hotel um die Ecke, ohne Pietsch (Magen) und vorbei am Pussyhund. Der hat diesen Namen von uns erhalten, weil er als einziger von drei oder vier auf dem Anwesen jedesmal wild zu bellen beginnt, wenn wir uns seinem Grundstück nähern, sich aber lautlos zurückzieht, sobald wir zu Nahe kommen. Wenn der Sicherheitsabstand wieder erreicht ist, bellt er uns aber nochmals kräftig hinterher. Das Restaurant enttäuscht nicht, es gibt überdurchschnittliches Travelleressen über den Dächern der Stadt zu günstigen Preisen.

Foto 1: Decke des Kinos
Foto 2: Ein Lassi
Foto 3: Jaipur von der Dachterasse des Peacock Restaurants

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