150. 2.3.2014
Während der Nacht wird es im Abteil empfindlich kalt, was man Socke am nächsten Morgen anhören kann. Sie hat sich eine Erkältung inklusive Heiserkeit eingefangen, aber immerhin geschlafen wie ein Baby. Mit eineinhalb Stunden Verspätung erreichen wir Pune, wo Ashwini bereits (seit langem) auf uns wartet. Soniya und Sheetal sind zumindest heute außer Stadt. Die Hotelsuche verläuft katastrophal, bis Ashwini irgendwann in Erfahrung bringt, dass keines der Hotels in Bahnhofsnähe uns als Ausländer aufnehmen wird, vorgeblich weil die bürokratischen Auflagen dafür zu aufwendig seien. Wir müssen Vorlieb nehmen mit dem Viertel um den Koregaon Park, das voll und ganz auf Ausländer eingerichtet ist, da hier der Osho Ashram steht, dessen berühmter Gründer heilssuchende Westler in Scharen aufgenommen und ihr Geld in Bündeln angenommen hat. Auch nach seinem Tod gibt es offenbar noch genug Jünger, um ein halbes Stadtviertel zu unterhalten. Um zwei sind wir tatsächlich frisch geduscht und mit geputzten Zähnen bereit für den Tag. Da Pune nicht viel zu bieten hat, machen wir einfach aus unserer Einkaufstour eine Stadtrundfahrt, deren Höhepunkt ein abendlicher Besuch eines Bollywood Films ist. Ashwini hat sich sehr gefreut, als ich erzählt habe, dass ich unbedingt einen sehen möchte. Doch Bollywood ist nicht gleich Bollywood. Wie bei uns besteht der Löwenanteil aus seichten Liebeskomödien und Hau-Drauf Actionfilmen, doch aus den Studios kommen durchaus hochwertige Filme. Da diese aber nicht repräsentativ sind und Ashwini bei einer komplexeren Handlung gar nicht mehr aus dem Erklären rauskäme (Sprache ist immer Hindi), entscheiden wir uns für Gunday, einen Actionreißer mit zwei von Bollywoods bekanntesten Muskelprotzen. Technisch und von der Handlung her könnte er auch ein B-Klasse Actionfilm aus Amerika sein, die Unterschiede liegen bei Inszenierung und Erzählung. Zuerst einmal ist alles over-the-top. Es vergeht keine Minute ohne actionfilmtypische Kamerafahrten und Slow-Mos, Dosierung ist nicht vorhanden. Womit man als Hollywood geprägter Deutscher mehr zu kämpfen hat, ist die fehlende Stringenz der Handlung. Es ist kein Vorurteil, dass in Bollywoodfilmen getanzt wird und es kann schon passieren, dass ein Liebespaar, gerade noch vorm ersten Kuss, plötzlich in den Alpen steht und gemeinsam eine Ballade singt.
Ein anderes Klischee wurde dafür widerlegt: Das Happy-End. Der Film endet mit dem Tod der beiden Hauptcharaktere, die sich dadurch zwar selbst treu bleiben, aber dafür den Preis bezahlen müssen. Für mich nicht weiter schlimm, weil ich ihren Gegenspieler, einen smarten, schmächtigen, unprätentiösen Polizisten sowieso cooler fand als die zwei fehlendes Hirn durch breitere Oberarme ausgleichenden Helden. Socke sieht das anders und heult am Ende, woraufhin Ashwini und ich fast dasselbe vor lachen müssen. Später relativiert sie diesen Gefühlsausbruch, da sie anscheinend bei ziemlich jedem Film irgendwann zu weinen beginnt.
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