186. 9.4.2014
Es ist zum Heulen. Interessante Museen gibt es kaum in Indien, für gewöhnlich sieht man verstaubte Exponate mit seitenlangen Textbeiträgen in einem technokratischen Stil, gegen den Wikipedia ein Thriller ist. Chandigarh dagegen hat mit dem Kunst- und dem Architekturmuseum zwei wirklich lohnenswerte Ausstellungen, ich aber keine Zeit. Um zwölf muss ich aus dem Hotel sein und bis eins im Bus nach Haridwar sitzen, wenn ich nicht mitten in der Nacht ankommen will. Die Museen öffnen selbstredend erst um zehn. Fünf Minuten zuvor werde ich hineingelassen und bleibe wider besseren Wissens für eineinhalb Stunden im Architekturmuseum. Darin geht es nicht um Architektur im Allgemeinen, vielmehr sollte es Stadtentwicklungsmuseum heißen. Von der Notwendigkeit über die Idee, erste Konzepte und Planungen bis zur Einweihung Anfang der 50er Jahre wird die Entwicklung Chandigarhs nachgezeichnet. Wichtigster Befürworter und quasi Schirmherr dieser fremdartigen Neuschöpfung war Jawaharlal Nehru, der Konrad Adenauer des unabhängigen Indiens. Auch waren die ursprünglichen Pläne weniger konsequent bei der Geometrisierung der Stadt, erst Le Corbusier entwickelte (nach drei Jahren) die rechtwinkligen Sektoren als Mikroeinheiten.
Die Aufenthaltsdauer im Kunstmuseum fällt entsprechend kurz aus. Dem Eindruck nach ist aber nicht weniger interessant. Der Rundgang ist historisch angelegt, von religiösen Skulpturen über die Profilzeichnungen der Mughal-Epoche bis zu postmodernem Abstraktionismus. Was auffällt ist, dass sich die Kunst global angleicht. Zumindest könnte ich bei den zeitgenössischen Bildern nicht mehr auf Herkunft schließen. Eine Eigenheit bleibt höchstens noch der verstärkte Symbolismus gegenwärtiger indischer Künstler, aber vielleicht kommt mir das auch nur so vor, weil ich Allegorien aus unserem Kulturkreis besser deuten kann.
Über die 200Rs, die mein Rikshafahrer für die übereilte Rückfahrt zum Hotel von mir fordert, muss er selbst grinsen, nachdem ich bereits in schallendes Gelächter ausgebrochen bin (es werden 40). Vom Hotel zum Busbahnhof sind es keine 500m, sodass ich tatsächlich einen Bus um eins erwische. Der erreicht Haridwar nach haarsträubender Fahrt mit beinahe kenianischen Straßenverhältnissen gegen acht. Das Beste kommt zum Schluss, zumindest heute, und zwar in Form eines großen sauberen Zimmers mit Bad für 200Rs. Davon kann sich Chandigarh mal eine Scheibe abschneiden.
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