192. 15.4.2014
Unerbittlich erinnert uns der Handywecker nach fünf Stunden Schlaf um halb neun, dass wir noch einiges in Delhi vorhaben. Zuerst wäre da das Frühstück im Indian Coffee House mit dem womöglich letzten Kaffee und Dosa. Obwohl Teetrinkerin und an Süßes am Morgen gewöhnt, ist auch Eva zufrieden mit dieser altehrwürdigen Institution unter den Kettenrestaurants. Vom Connought Place aus starte ich einen zweiten Versuch den Lotustempel der Baha'i zu besichtigen, dieses Mal mit Erfolg. Im Inneren des architektonischen Geniestreichs ist es angenehm kühl (mittlerweile ist es wirklich heiß geworden in Delhi, um die 35ºC) und nur die unstimmige Sitzmöblierung kratzt an dem Bild von Ruhe und Eingängigkeit. Im Tempel darf jeder zu allem beten, was er oder sie für göttlich hält, da die Baha'i der Ansicht sind, alle Religionen bezögen sich letztlich auf ein und denselben Gott. Gleich neben dem Lotustempel befindet sich der hinduistische ISCKON Tempel, der, wie ich das verstehe, zu einer Art Kette von Tempeln gehört. Die Kommerzialisierung der Religion übertrifft sich hier selbst, es gibt Jahresmitgliedschaften, einen Souvenirshop und ein Dreierpaket mit einem Bhagavadgitafilm, einem Hindu vs. Roboter Film (richtig gelesen!) und einer Führung durch den Tempel. Dieser ist zu dem Zeitpunkt aber sowieso geschlossen. Wir fahren stattdessen wieder in Richtung Stadtzentrum und stoppen dabei an der riesigen Nationalgalerie für moderne Kunst, für die wir, mal wieder, viel zu wenig Zeit haben. Etwas gehetzt schaffen wir immerhin die drei Stockwerke des Hauptflügels, bevor wir wegen der anstehenden Zugfahrt weiter müssen. Am Connought Place wollte ich noch schnell mein altes, mittlerweile theoretisch geflicktes Hemd wie ausgemacht abholen, leider hat man dort noch keinen müden Finger bewegt. Kann ja gar nicht sein, dass irgendjemand es wirklich so eilig hat. Innerhalb von zehn Minuten näht man die Flicken so schlampig auf das Hemd, dass ich es auch gleich selber hätte machen können. Zum Beschweren bleibt aber gar keine Zeit mehr (zumal das neu angefertigte Hemd dafür wirklich gelungen war), denn wir haben noch eine Stunde bis zur Abfahrt und ich ziemlich Hunger. Eva hechtet zum Hotel, ich zu Subway, wo sich Delhi standesgemäß von mir verabschiedet - der Verkäufer versucht mich zu betrügen. Die Sache ist offensichtlich und schnell geklärt, im Anschluss treffen Eva und ich uns im Hotel und können aufatmen, da noch genug Zeit vorhanden ist, um in aller Ruhe zum Bahnhof zu laufen. In unserem trotz Sitzplatzreservierung überfüllten Zug teilen wir unser Compartment mit vier netten, aber nicht des Englischen mächtigen Japanerinnen, während die Inder nach und nach vom Schaffner verscheucht werden. Auf nach Varanasi!
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