198. 21./22./23.04.2014
Zu Evas Aktivitätendrang gesellt sich nun auch Leo, was in der Summe zu viel ist, um diszipliniert bloggen zu können. Darüber hinaus geschieht auch recht wenig in diesen Tagen. Sechs Nächte sind wir insgesamt in Kathmandu. Für uns ist die Stadt eine Art Hub, denn von hier aus organisieren wir nicht nur das Trekking, sondern auch die Weiterreise, wohin immer diese uns führt. Diese Frage und die nach der Besteigung des Dhampus Peak sind unsere Hauptbeschäftigungen während der drei letzten Tage hier.
Die Besteigung findet unter Vorbehalt (Wetter) statt und würde uns eine ordentliche dreistellige Eurosumme pro Person kosten. Mitschuld an dem hohen Preis trägt die neue Permitgebühr, die seit dem Übergang der Lizenzvergabe von privater auf staatliche Organisation für den Dhampus Peak sprunghaft von 350$ auf 600$ für drei Personen angestiegen ist. Da kann man den Hass vieler Nepalesen auf "die da oben" gut verstehen. Ein weiterer Grund ist, dass es keine Infrastruktur gibt, wir also Guide, Träger, Koch etc. benötigen. Trotz alledem zögern wir mit Blick auf das Erlebnis nicht lange. Jetzt muss nur noch das Wetter stimmen.
Die zweite Entscheidung fällt dagegen ungleich schwerer. Eva und ich haben grundverschiedene Vorstellungen von der Weiterreise, die wir aber trotzdem gerne gemeinsam bestreiten würden. Ich will über Tibet und die Mongolei nach Russland und schließlich Europa, Eva will Strand, am liebsten in Indonesien (was für mich von allen Ländern in der Region immerhin noch das akzeptabelste ist). Dass ein Kompromiss da nicht möglich sein würde, war von Anfang an klar, nur eingestehen wollten wir es uns nicht. Nach einem ziemlich kopfzerbrecherischen, unschönen Tag gebe ich nach, denn Eva würde sich nicht von ihrem Strandwunsch abbringen lassen und beides zu kombinieren wäre zeitlich und finanziell zu aufwendig. Die menschenleeren Einöden Westchinas und der Mongolei sind alleine vielleicht für Eremiten interessant, lösen bei mir aber höchstens Depressionen aus, zumal die wenigen humanen Wesen dort nicht Englisch sprechen werden. Also Indonesien, das vierte Land mit (sub)tropischem Klima und Traumstränden. Man merkt, wirklich begeistern kann ich mich noch nicht. Andererseits würde es mich, wie ich mich kenne, doch sehr wundern, wenn ich Indonesien nichts abgewinnen könnte.
Neben diesen wortwörtlich wegweisenden Entscheidungen leben wir uns auch ein wenig in Kathmandu ein. Tagtäglich überqueren wir das dümmste Freilichtmuseum der Welt, den Durbar Square. Man stelle sich vor, Berlin lässt den Alexanderplatz zum Weltkulturerbe erklären und verlangt von da an 10€ von allen Ausländern für das Betreten. Hier sind es zwar nur sechs, aber das macht die Sache bei einem zentralen Platz in der Inenstadt nicht eben besser. Glücklicherweise sind die Leute an den Kartenschaltern ziemlich nachlässig gestimmt und bis wir von der bescheuerten Regelung gelesen haben, bekamen wir von ihr gar nichts mit, obwohl wir sicher dreimal täglich über den Durbar Square gehen.
Sollte man sich aus deutscher Obrigkeitshörigkeit doch ein Ticket gekauft haben, lässt sich das pulverisierte Geld bei einem Einkauf in einem der hunderten Outdoorshops kompensieren. Die Fälschungen sind perfekt und kosten Bruchteile des Originalpreises. Es stellt kein Problem dar, eine North Face Jacke für 15€ zu bekommen oder einen Haglöffs Rucksack für 30. Es lohnt sich wahrscheinlich tatsächlich, mit wenig Ausrüstung nach Nepal zu kommen und dort einzukaufen. Abgesehen von den Shops verbringen wir die meiste Zeit in Cafés und Restaurants, von denen Kathmandu eine ausgezeichnete, wenn auch nicht ganz billige Auswahl hat. Vom Schnitzel über Momo bis zu Sushi gibt es alles, was man sich vorstellen kann. Absolutes Highlight für uns war wohl ein authentisch koreanisches Abendessen, bei dem am Tisch Fleisch und Gemüse gegrillt und mit einem Dutzend Beilagen kombiniert werden. Es ist lange her, dass ich wirklich absolut neuartiges Essen probiert habe. An diesem Abend war das zweifellos der Fall.
Doch nach fünf Tagen wird auch eine Stadt wie Kathmandu langweilig, besonders, da ein mehrwöchiger Trek lockt. Es ist entschieden, was zu entscheiden war und geplant, was zu planen war. Ab morgen sind wir auf Wanderschaft im Himalaya.
PS: Mit Rhythem konnten wir uns nur noch kurz am späten Vormittag vor ihrem Abflug treffen, da sie krank wurde. Eigentlich lacht man über so etwas nicht, aber wenn es gerade einer Inderin passiert, während drei hypochondrische Westler topfit sind, birgt das schon einiges an Ironiepotenzial.