Donnerstag, 28. November 2013

Leider weiter

59. 28.11.2013

Ich hätte es in diesem Paradies (Werbung: South Coast Backpackers) weitere zwei Tage ausgehalten, aber Katha hat leider auch Rechte und von Anfang an klargemacht, dass sie in Kilifi (nördlich von Mombasa) tauchen möchte. Also satteln wir die Rucksäcke, sehr langsam und mit schmerzverzerrten Gesichtern und fahren recht umständlich in besagten Ort. Jedesmal dachte ich bisher, dass der Höhepunkt bei Sonnenbränden nun erreicht sei und jedesmal überrascht mich meine Haut mit leuchtenderen Farben und grelleren Schmerzen, die ein 18kg Rucksack nicht unbedingt vermindert. Immerhin ist die Unterkunft fullboard in Kilifi für uns dank Kontakten umsonst, wir sind im Guesthouse der Universität untergebracht. Zur Feier des Tages gönne ich mir eine wirksame Sonnencreme. Da Einheimische darauf nicht angewiesen sind, schraubt sich deren Touristenpreis im Supermarkt auf abenteuerliche 15€ für ein 200ml Fläschchen.

Mittwoch, 27. November 2013

Chillig!

58. 27.11.2013

Strandurlaub halt. Was soll man dazu schon groß erzählen? Der 20-jährige Deutsche hat auch gerade sein Abi gemacht und beinahe dieselben Pläne wie ich, außerdem dabei ist ein Südafrikaner, der in Kenia Motorradtouren für Westler anbietet. Gemeinsam sind wir ein bisschen am Strand, dann bin ich ein bisschen im Pool, hab ein bisschen rote Haut, weil die lokale Sonnencreme einen Scheiß taugt und schreibe schließlich ein wenig. Haben wir uns nach Mt. Kenya verdient.

Endlich Strand

57. 26.11.2013

Wir entschließen uns dazu, weiter nach Süden zu fahren, in den Touristenort Diani Beach, wo es laut Alex ein geniales Backpackerhostel geben soll. Mombasa liegt auf einer Insel und Brücken zum Festland gibt es nur im Norden und im Westen, wir müssen also die Fähre nehmen. Die ist sogar umsonst, doch das Gedränge beim Ein- und Aussteigen ist eine Einladung an Taschendiebe. Uns passiert aber nichts, eine Stunde später, teils im Matatu, teils auf dem Motorbike, kommen wir bei South Coast Backpackers an. Ich muss Alex recht geben. Alles ist spottbillig, den Besitzern sieht man nicht an, dass sie überhaupt arbeiten und trotzdem läuft der Laden perfekt. Das Publikum ist zwar überwiegend amerikanisch-europäisch, aber doch sehr gemischt. Ein 20-jähriger Deutscher auf Weltreise, ein spanischer Unternehmensberater im Ruhestand, italienische Globetrotter die in der Region gearbeitet haben... Langweilig sind die Geschichten jedenfalls nicht. Das Meer schon. Wegen eines vorgelagertes Korallenriffs plätschert es nur sanft vor sich hin. Angesichts der Umstände ist das verschmerzbar. Abends noch ein kleiner Schock: Die Italiener sind mit dem Motorbike, dass sie sich für den Abend gemietet hatten, stehen geblieben und wurden daraufhin ausgeraubt, einer von ihnen am Kopf verletzt. Die angespannte Sicherheitslage kriegt man als Tourist nicht sofort mit, aber selbst unsere Anlage hat mindestens fünf bewaffnete Wachmänner und nachts nehmen auch die Einheimischen lieber ein Taxi. Nach aktuellem Stand geht es dem Italiener aber bereits besser, außerdem geriet er an einen ehrlichen Verbrecher, der immerhin seinen Reisepass am Tatort zurückließ und ihm so einige hundert Euro und sehr viel Bürokratie ersparte.

Montag, 25. November 2013

Parallelwelt

56. 25.11.2013

Die Nacht haben wir erneut über der Hinterradachse eines Fernbusses ergo ohne Schlaf verbracht, dafür ein Hotel eingespart und einen Tag mehr an der Küste. Mombasa empfängt uns hässlich, aber immerhin leise, was allerdings eher der Uhrzeit als dem Flair geschuldet ist. Wir finden ein Hotel, das uns aufpreislos um 6:30 Uhr aufnimmt, schlafen bis kurz vor elf und treffen nochmal Alex und Laramie, die kurz vor ihrem Rückflug nach Nairobi stehen und schon eine Woche an der Küste verbracht haben. Hätten sie gewusst, dass ihr Flug gecancelled würde, hätte es noch ein netter Nachmittag werden können. So verabschieden wir sie überflüssigerweise schon um halb zwei. Um fünf werden wir am Hotel von R. abgeholt, ein ehemaliger Studienkollege und nach wie voriger Freund von Kathas Eltern, der es zu was gebracht hat. Auf einem wunderschönen Anwesen mit Meerblick und einigen hundert Quadratmetern Wohnraum, die nur zu einem Drittel benutzt werden, lernen wir endlich mal eine Familie aus dieser mysteriösen Oberklasse kennen, die sich durch den öffentlichen Raum nur in teuren Geländewagen bewegt und eine eigene Gesellschaft bildet. Aber sie wirken weder abgehoben noch arrogant, sind sehr sympathisch und zeigen auch für unser begrenztes Budget Verständnis (im Gegensatz zu Souvenirverkäufern, Taxifahrern und Kellnern). Ein bisschen sehr überzeugt ist der Hausherr von seinen Leistungen und Errungenschaften, aber das könnte auch an meiner deutschen Sichtweise liegen, lieber falsche Bescheidenheit als ehrliche Prahlerei. Die Rückfahrt zum Hotel wird zu einer exklusiven Stadtrundfahrt ausgeweitet, bevor wir aus dem SUV zurück in die authentische, aber leider unluxuriöse Welt der Backpacker entlassen werden.

Finanzfragen

55. 24.11.2013

Eine Katha in bemitleidenswertem Zustand und ich fahren zurück nach Nairobi, um das zentrale Hochland Kenias ein für alle Mal hinter uns zu lassen und endlich mal ans Meer zu kommen. Mittags sind wir in der Hauptstadt, verwerfen alle etwaigen Pläne für Unternehmungen die körperlichen Eigeneinsatz erfordern und bleiben bis acht Uhr abends in einem Coffeeshop mit Wifi. Danach noch ein kleines Essen und eine größere Diskussion mit dem Personal über dessen Preis. (die wohl hässlichste Seite Kenias - Weißen, die ja sowieso alle reich sind, mehr Geld abzuverlangen als Schwarzen ist hier mehr Regel denn Ausnahme und wird z.B. vom Staat durch eine Resident/Non-Resident Klassifizierung bei Unterkünften begünstigt. Entweder man wird hier abgebrüht oder ausgenommen. Grundsätzlich sollte man immer zahlen, was auf der Karte steht, erwarten, was auf der Karte steht, Taxis auf mindestens ein Viertel des erstgenannten Preises handeln und denen, die am lautesten schreien die geringste Aufmerksamkeit schenken. Es gibt viele nette Menschen hier, um das nochmal klarzustellen, aber die muss man schon selbst finden, während man angesprochen nur von denen wird, die Geld wollen.)
Schon sitzen wir im Nachtbus nach Mombasa, wo ich das erste Mal in Kenia eine Sitzposition einnehmen kann, die auch nach 30 Minuten noch keine Taubheitsgefühle auslöst.

Samstag, 23. November 2013

Mt. Kenya - ist das noch Urlaub?

51. 20.11.2013

Zuerst greife ich Katha die wohlverdiente heiße Dusche ab (sie geht bei ihr nicht mehr), dann frühstücken wir viele Mandazis, wegen Fett und Kohlenhydraten und Geschmack und Preis und fahren um halb acht per Motorbike zur Agency, wo uns unser Guide vorgestellt, Equipment ausgeliehen und umgepackt wird. Weitere 15km mit dem Motorbike (das beste Fortbewegungsmittel in Kenia: spottbillig, überall verfügbar und flexibler als Autos. Und spaßiger auch noch.) und wir sind am Gate. Von dort sind es 10km bzw. 600hm bis zur ersten Hütte, der Meterological Station auf 3050m. Klingt mäßig anstrengend, aber Höhe, Strecke und Gepäckmenge bringen einen doch zum Schwitzen. Angekommen suchen wir Taktiken den hier ungewohnten Temperaturen von 10 Grad zu trotzen und liegen, der Höhe geschuldet, die meiste Zeit dösig in der Gegend herum (meistens in den warmen Schlafsäcken). Morgen dann 12km und 1200hm plus Übernachtung bei 2-5ºC.

52. 21.11.2013

Das Aufstehen ist die Hölle, zur Müdigkeit (es ist 6:30 Uhr) kommt die Temperaturdifferenz 30 Grad im Schlafsack vs. 5 Grad außenrum. Das Wetter ist dafür phänomenal. Die ersten 500hm bzw. 4km gehen durch Bambusregenwald, der dem Nadelwald folgt, der der normalen hiesigen Vegetation folgt, wo alles kreuz und quer und in allen Variationen wächst (gefühlt). Nach dem Bambuswald, auf ca. 3300m, kommen wir in gras- und buschüberwuchertes Sumpfland, durch das ein 7km langer, unverschämt steiler Pfad führt. Katha, die noch nie auf dieser Höhe unterwegs war, hat mit der Luft zu kämpfen, sowie Kopfschmerzen. Die letzten fünf Kilometer sind dagegen fast harmlos, bei einer Steigung von vielleicht 5% laufen wir 250hm ein Tal bis auf 4300m hoch, wobei sich Vegetation und glücklicherweise auch Untergrund verändern. Statt schlammiger Erde dominieren hier Felsböden und Sumpfgräser werden durch irgendwelche riesigen Maiskolben und palmenartige Bäumchen (botanisch habe ich es nicht so drauf) abgelöst. Nach acht Stunden, Schnitt 1,5km/h kommen wir am Mackinders Camp an, begrüßt von fetten Klippschiefern, die sich in der nahrungstechnisch günstigen Lage neben der Hütte angesiedelt haben. Ursprünglicher Plan war, am nächsten Tag die brutale, aber kurze Etappe zur Austrian Hut auf 4800m mit Rucksack zurückzulegen, dort zu übernachten und am nächsten Morgen die letzte Stunde zum Point Lenana vor Sonnenaufgang zu schaffen. Aber Akklimatisierungsprobleme und die Wetterbedingungen sprechen dagegen. Also wie in den Bergsteigerdokus Aufstieg über 700hm mitten in der Nacht vom Mackinders Camp aus. Da wir um zwei Uhr aufstehen, legen wir uns nach kurzem Akklimatisierungsspaziergang hoch bis auf 4500m bereits um acht schlafen.

53. 22.11.2013

Von den verfügbaren sieben Stunden Schlaf nutze ich effektiv zwei. Ich habe zwar keine Probleme mit der Höhe, aber irgendwie sieht mein Körper nicht ein, dass es sinnvoller wäre, nochmal zu ruhen und beschäftigt mich über Stunden mit Ohrwürmern und irrelevanten Fragen. Da bin ich eigentlich froh, als der Wecker dem um 1:50 Uhr ein Ende setzt. Katha geht es nicht so toll (Kopf-, Augen-, Halsschmerzen, Kälte und nach dem Essen gesellt sich Übelkeit dazu), was ihr ohne weiteres anzumerken ist. Trotzdem kommt sie um drei mit mir und unserem Guide mit. Der Aufstieg ist noch heftiger als der vom Vortag, über 300hm auf einem (end)losen Geröllfeld, das so steil ist, dass man sich seinen eigenen Zick-Zack Pfad austreten muss. Dazu kommt die Kälte (-5ºC) und sobald man auf einem Grat ankommt der weitaus schlimmere Wind. Meine angeblich auf -20 Grad ausgelegten Handschuhe von North Face sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit, von Katha, deren Wohlfühltemperaturspektrum gegenüber meinem ca. um +10 verschoben ist, ganz zu schweigen. Der letzte Kilometer von der Austrian Hut an besteht aus vielen kurzen Kletterpassagen, die bei den Temperaturen und der Luft auf 4900m zur Feuerprobe werden. Noch zweihundert Meter vor dem Gipfel zweifle ich daran, dass wir ihn gemeinsam erreichen und der Sauerstoffmangel macht sich nun auch bei mir durch Müdigkeit und Schwindel bemerkbar. Trotz alledem: Wir kommen hoch, der Blick ist atemberaubend, aber kein Vergleich zu dem Gefühl, es geschafft zu haben. Ich versuche gar nicht erst, das zu beschreiben, versucht euch statt dessen einfach mal an einem 5000er. Nagut, 4985m, um genau zu sein. Nach einer halben Stunde Gipfelglück geht es auf demselben Weg zurück zum Mackinders Camp, wo auch unsere Rucksäcke stehen (bis auf meinen, der mit Trinkflaschen gefüllt abwechselnd von mir und dem Guide zur Austrian Hut und zurück geschleppt wurde). Diesmal aber im Tageslicht. Sogar während der Nacht konnte man ohne Lampe laufen, weil der Dreiviertelmond hier senkrecht über einem steht. Aber erst im Tageslicht kann man die außergwöhnliche Landschaft aus grauen Steinen, brauner Erde, azurblauen, klaren Seen, weißglitzernden Gletschern und ein paar Farbtupfern einiger weniger pflanzlicher Überlebensspezialisten wahrnehmen.
Sobald wir abwärts laufen, scheint alles leichter: Wir sind dreimal so schnell und die Luft macht keine Probleme mehr. Nach ca. 1,5 Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt und zumindest ich belohne mich mit einem ausgiebigen Früstück. Zwei Stunden später entschließt sich Katha an ihre Grenzen und die 13km zur Meterogical Station hinunter zu gehen, was auf den Tag hochgerechnet 26km / 700hm bergauf / 2000hm bergab bedeutet. Wegen des Geländes und der Luft sind das über zehn Stunden reine Gehzeit! 15 Stunden nach dem Aufbruch, um sechs Uhr abends, kommen wir mit zitternden Beinen an, essen schnell was und sind auch schon im Schlafsack verschwunden.

54. 23.11.2013

Ausschlafen nach den gestrigen Strapazen ist nicht, in der Bambuswaldzone beginnen die Niederschläge während der Regenzeit meist um 10 Uhr und wir brauchen etwa drei Stunden für die letzten 10km / 600hm bergab. Also Aufstehen um sechs. Wegen meines langen Frühstücks kommen wir trotzdem erst um halb acht los und weil Katha am Ende ist, so richtig, aber noch stolz genug, mir nicht ihren Rucksack zu überlassen, erreichen wir das Gate um viertel zwölf. Von da an geht es schnell: Zurück nach Naru Moru per Motorbike, Hotel aufsuchen, das erste Mal seit drei Tagen duschen, schlafen (Katha), die letzten Tage verarbeiten (fotografisch und mental - Linus).
Jetzt ist es vier, ich wundere mich selbst, warum ich nicht todmüde bin, aber in ein paar Stunden werde ich sicherlich auch schlafen. Ich schätze, die Aussage wird Katha so nicht unterschreiben, aber mir war es den Eintritt, die Anstrengung und das Fehlen jeglichen Komforts wert. Und im Gegensatz zu den meisten Touristenschwächlingen, die mit 4kg Daypack aufsteigen und den Rest von Portern übernehmen lassen, haben wir es wirklich selbstständig hoch geschafft.

Mittwoch, 20. November 2013

Es geht hoch

50. 19.11.2013

Heute steht eine schwere Entscheidung an: Gemmer hoch? Der Mount Kenya liegt seit unserer Ankunft in den Wolken und wir sind nicht so sicher, ob die weiter oben verschwinden, auch wenn das jeder Tourguide versichert. Als wir beim Informationen sammeln nach längerem Suchen schließlich bei einer günstigen, abgelegenen und sympathischen Agentur landen, ist es um uns geschehen. In der nächsten Stadt erledigen wir im Supermarkt die nötigen Essensbesorgungen. Durch die dort ststionierte britische Armee und die Bergsteiger hat der Nakumatt dort ein mit unseren Supermärkten fast identisches Sortiment, nur teurer, weil importiert. Um Seeberger Nüsse & Früchte und Knorr Soßenpulver für Spaghetti Carbonara reicher fahren wir zurück nach Naru Moru, essen für 60ct lecker zu Abend, packen und versuchen zumindest, früh zu schlafen.

Montag, 18. November 2013

Noch immer Nairobi

48. 17.11.2013

Nur fünfeinhalb Stunden nach Schlafeintritt holt mich mein Wecker aus dem Bett. Mit einer Mischung aus Neugier und Resignation, was die Einhaltung meines Budgets in dieser Stadt betrifft, gehe ich zum frühstücken in einen Coffeeshop, dessen Ähnlichkeit mit westlichen Vertretern bei Design und Qualität beginnt, aber leider über die Preise fortgeführt wird. Aber YOLO, der Blick und der Fruchtsalat rechtfertigen das halbe Tagesgehalt eines Lehrers in Kenia. Danach ins erschwingliche IMAX 3D-Kino, wo sich zielgruppengerecht normalerweise billige Actionfilme mit Bollywood Melodramen abwechseln, aber heute, Glückstag, Gravity läuft. Das alles übrigens ohne Katha, die hat sich für Ausschlafen entschieden. Als ich um viertel zwölf zum Hotel zurückkomme, hat sie dafür schon Perpetual dabei, die wegen uns extra von Eldoret nach Nairobi gefahren ist. Zusammen wollen wir in ein Tierwaisenhaus, wo der Tourist noch Tourist sein darf, mit umhängender Kamera und Sonnenhut. Die Eintrittspreiserhöhung, die höchstens mit einer Hyperinflation zu rechtfertigen wäre, hält uns davon leider ab, dafür fahren wir zwei Stunden Bus, bzw. stehen Bus, das trifft es auf Nairobis Hauptverkehrsadern besser. Erneut im Stadtzentrum schauen wir uns eine enttäuschende Ausstellung der Alliance Française an, bizarrerweise auf Spanisch, besichtigen eine mäßig schöne, vor allem große Kirche und sitzen mir nichts, dir nichts plötzlich wieder in dem tollen Coffeeshop. Unser Heimweg (wir haben ein neues Heim bei Perpetuals Tante, ca. 4km vom Stadtzentrum entfernt) wird von marodierenden Fußballfans und Tränengas unterbochen. Alljährlich stellen diese ihren mangelnden Intellekt unter Beweis, indem sie nach diesem speziellen Derby zwischen zwei Erzrivalen randalierend durch die Straßen ziehen, sich gegenseitig verfolgen und -prügeln und sich Reizgasen aussetzen. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, welche der beiden Mannschaften gewonnen und welche verloren hat, solange Alkoholpegel und Gruppendynamik stimmen. Ein wenig mulmig war gerade mir schon zumute, da ich sämtliche Wertsachen dabei hatte. Aber abgesehen von den üblichen "Mzungu" Ausrufen interessieren sich die Fans mehr füreinander. Blöd nur, wenn genau dort, wo man hinmöchte, eine Menschenmenge auseinanderstiebt, weil zwei Tränengasgranaten hochgehen.
Aber ernsthaft: Auch mit schlechtem Bauchgefühl war es interessant, diese Art von Massenbewegung mal in der Realität und nicht im Fernsehen zu sehen. Der restliche Abend verläuft, sieht von der selbstmörderischen Busfahrt ab (aber der Verkehr ist mittlerweile Normalität für uns geworden), wesentlich unspektakulärer und muss, speziell zur jetzigen Uhrzeit und in Anbetracht des nachzuholenden Schlafs, nicht ausgeführt werden.

Stadtleben

47. 16.11.2013

Auch hier kann man für einen Euro früstücken, aber generell ist Nairobi ein teures Pflaster. Den gesamten Tag laufen wir in der Stadt umher, besuchen eine Moschee, fahren ein Hochhaus hinauf. Nichts besonderes, aber spaßig. Abends haben wir fest geplant noch einmal auszugehen, obwohl selbst die Metropole Ostafrikas nichts anderes hat als Reggeaton, Ragga und Dancehall. Unterschiedlich ist nur das Publikum, der Style und die Preise. Das ist etwas, was uns beiden hier häufig auffällt: Die gesellschaftliche Einheitlichkeit. Man mag Fleisch und Fußball, hört Reggeaton, heiratet und glaubt an Gott (oder Allah), ob Tagelöhner oder Universitätsdozent. Kulturellen oder gesellschaftlichen Pluralismus sucht man auch in der Hauptstadt fast vergebens. Fast, weil eine neue, junge, gebildete Generation zumindest in den Großstädten Individualität wagt. Die interessantesten und auch (für uns) sympathischsten Einheimischen, die wir kennengelernt haben, gehören dazu.
Vor dem Abendprogramm lasse ich mich beim Essen über den Tisch ziehen und gebe aus Frust noch mehr Geld für Essen aus. Dann sind wir urplötzlich angetrunken, lernen einen Schweizer und zwei Locals kennen und verbringen eine schöne, wenn auch durchschnittliche Nacht in Downtown Nairobi.

Sonntag, 17. November 2013

Endlich Großstadt

46. 15.11.2013

Zuerst decke ich mich mit Sandwiches ein, wer weiß, wann ich dazu das nächste Mal Gelegenheit haben werde. Dann geht es mit dem Matatu zwei Stunden nach Nairobi. Viele haben uns gewarnt vor der Metropole mit ihren Taschendieben und Überfällen, aber der CBD ist eine westliche Oase inmitten der typischen geschäftigen, schäbigen Stadtviertel. Breite Teerstraßen ohne Staubschicht, Malls, Hochhäuser - nur McDonalds und Starbucks fehlen, ihre Lücke wird durch südafrikanische Fastfood Ketten geschlossen. Sogar hier zwischen Banken und Restaurants gibt es Budget Hotels und eines davon beziehen wir, bevor wir zu einer Sightseeing Tour mit Abendessen und Theaterbesuch aufbrechen. In Nairobi spielt die einzige professionelle Gruppe Ostafrikas, in einem Keller, der vom Ambiente her an unsere kleinen Schauspielhäuser und Kabarets erinnert, sehr unafrikanisch auf alle Fälle. Das Stück ist hervorragend und zwei der vier Schauspieler haben nicht einmal einen Hauch von Akzent in ihrem Englisch. Nach dem Theater freunden wir uns mit einer Freundin einer der Schauspielerinnen an und laufen gemeinsam mit ihr den Kilometer zurück zum Hotel (Hallo Mama). Jetzt ist es halb zwei und ich bin immer noch wach, wahrscheinlich kulturgeschockt von dem mondänen Lebensstil, nach eineinhalb Monaten Peripherie.

Donnerstag, 14. November 2013

Hell's Gate

45. 14.11.2013

Aufstehen schon um halb acht, immerhin wollen wir heute nach Hell's Gate. Was genau wir dort machen, ist uns selbst noch nicht ganz klar, Wandern ist auf jeden Fall dabei. Fürs Mittagessen kaufen wir im großen Supermarkt nebenan Sandwiches. Klingt nach normaler Verpflegung, aber es ist das erste Mal in eineinhalb Monaten, dass ich so etwas zu Gesicht bekomme. Das geht beim Käse los. Obwohl alle Beef essen, sind Milchprodukte eine preislich abenteuerliche Ausnahmeerscheinung. Der Schinken / Die Salami vom Schwein wird von vielen Stämmen als unrein gesehen, von der muslimischen Minderheit mal ganz abgesehen. Ich bin also überglücklich, auch wenn es aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Bäckerei und Café nur HotDog Brötchen und keine Baguettes gibt (wenn alles funktioniert, ist man entweder nicht mehr in Afrika oder in einer Touristenlodge und bekommt gleich eine saftige Rechnung präsentiert). Am Parkgate lernen wir einen kanadischen Entwicklungshelfer kennen, der im Kongo arbeitet, einen Hang zu Alkohol hat und beeindruckt vom Reichtum und der guten Infrastruktur Kenias ist. Dabei ist auch seine polnische Freundin mit abgeschlossenem Psychologiestudium und Hang zu Zigaretten. Zusammen laufen wir die acht Kilometer durch den Park bis zur eigentlichen Sehenswürdigkeit, einer engen Schlucht, die man durchlaufen und -klettern kann, wenn sie nicht gerade von Niederschlägen geflutet ist. Schön das alles, aber man fragt sich doch immer wieder, ob das 25$ rechtfertigt. Nach der guided tour gehen wir auf eigene Faust zum zweiten Gate weiter, was uns mit misslungenem Aussichtspunktabstecher auf stolze 20km per pedes und ohne Schatten bringt. Der Westteil des Parks, durch den die zweite Tageshälfte führt, ist vom Tourismus gänzlich unberührt. Das mag daran liegen, das er aus einer von einer Teerstraße durchzogenen Industrielandschaft mit Bohrlöchern, Kraftwerken und großen Schloten besteht, die sich nicht so recht in das Konzept von Nationalparks einordnen möchte. Aber wo sonst kann man in einem solchen mit einem Trucker den Berg rauftrampen? Zurück nach Naivasha fahren wir umsonst - im Schulbus. Nachdem jeder ein Foto mit den Weißen gemacht, werden diese für die Klassenfahrt uninteressant und wir können uns in aller Ruhe unseren Sonnenbränden widmen. Ich wusste nicht, dass Beine so rot werden können und Katha hat einen gesunden Tomaten Teint. Zum trotteligen Touristenbild fehlen uns jetzt bloß noch schattenspendende Stoffhüte.

Erzwungene Beschäftigungslosigkeit

44. 13.11.2013

Die Teefabrikführung kann, welch Überraschung, nicht stattfinden, wegen Inspektion, Reperaturen oder sonstwas. Unwichtig warum, wir verlassen Kericho eine Stunde später ohne schlechtes Gewissen Richtung Naivasha auf einer der besten Straßen des Landes, die es bei uns immerhin zur Land- oder sogar Bundesstraße bringen würde. Naivasha liegt unweit von Nairobi (100km) am gleichnamigen See und ist beliebtes Wochenendausflugsziel sowohl von reichen Kenianern als auch Weißen. Grund ist die Natur, die in einigen Nationalparks um den See konserviert wird. Einem davon, Hell's Gate, planen wir morgen einen Besuch abzustatten. Für heute geben wir uns mit Einkäufen, mehrstündigem Entwursten der eigenen Haare (Kathas Dreads) und einem hervorragenden Abendessen zufrieden.

Ausgedehnte Unproduktivität

43. 12.10.2013

Die Zeit, die ich früher aufstehe, hole ich mit ausgedehnter Dusche (Warmwasser! nicht selbstverständlich) und dem Versuch eines extravaganten Frühstücks raus. Leider schmeckt der "Black Forest Gateaux" nicht halb so gut wie er aussieht.
Mit einem Matatu fahren wir zu den Teeplantagen und Fabriken außerhalb der Stadt. Wie Gras überziehen die hellgrün treibenden, hüfthohen Teebüsche (eigentlich gestutzte Bäume, da 9 Meter hohe Gewächse die Ernte um einiges erschweren würden) die gesamte hügelige Landchaft. In die Fabrik zu kommen entpuppt sich als bürokratische Prozedur, mit Bittschreiben an den Manager, Bestätigung etcetera. Recht schnell steht fest: Heute wird nix mehr draus. Wir entschließen uns, trotz der Unsicherheit ob es überhaupt klappt, für eine weitere Nacht in Kericho und statten auf unserem Rückweg dem Tea Hotel einen Besuch ab. Das einzige höherklassige Hotel der Stadt wirkt als wäre Kenia nach wie vor Kolonie, gäbe es da neben schwarzen Angestellten nicht auch schwarze Gäste. Englischer Garten, Herrenhaus, gigantischer Kamin, Jagdtrophäen an der Wand. Für diese Verhältnisse günstig dinieren wir im Speisesaal das erste Mal seit über einem Monat westliches Essen, was eine willkommene Abwechslung zu Ugali, Stew und Chips Masala ist.

Montag, 11. November 2013

Tschüss Eldoret

42. 12.10.2013

Ein letztes Mal Erndnussbutter zum Frühstück, die gibt es nur bei der Gastfamilie, nirgends sonst. Nach ein paar Erledigungen in der Stadt und einigen weiteren Abschieden fahren wir bei strömendem Nachmittagsregenzeitregen nach Kericho, städtisches Zentrum eines der größten Teeanbaugebiete der Erde. Bei unserer Ankunft ist es dunkel und wir sind froh schnell etwas zum Übernachten zu finden, aber morgen versuchen wir irgendwie auf die Plantagen und vielleicht sogar in eine der Fabriken zu kommen. Übrigens sind afrikanische Städte sehr klein für ihre Einwohnerzahlen. Das Stadtzentrum von Eldoret (100 000 - 200 000 Einwohner) misst nicht mehr als 1×1km, selbst die Millionenstadt Nairobi kann man locker an einem Tag zu Fuß anschauen. Dafür werden sie von einem großen suburbanen Gebiet aus Siedlungen und Satellitendörfchen umschlossen, das auch das Gros der Population ausmacht.

Abschlussveranstaltungen

41. 10.09.2013

Letzter Tag in Eldoret, das auch nicht schöner ist als andere kenianische Städte. Nach europäischen, insbesondere deutschen Maßstäben also vermüllt, laut, unstrukturiert, heruntergekommen, hässlich. Für uns ist es in über einem Monat trotzdem eine Heimat in der Fremde geworden, was nicht zuletzt auch an der tollen Unterkunft, sprich Gastfamilie lag.
Zum Abschluss gehen wir mit einer Freundin in einen schrecklichen vierstündigen Gottesdienst, wo ein augenscheinlich fanatischer Priester ein bemitleidenswertes Mikrofon und übersteuerte Boxen mit infernalischen Tiraden über die fehlende Autorität Gottes in der verweltlichten Welt malträtiert. Wahrscheinlich als Abwehrreaktion kriege ich Kopfschmerzen und gehe nach 1,5 Stunden vor die Tür, wo ich die Zeit wartend sinnvoller verbringe. Danach fahren wir zu eben dieser Freundin nach Hause in ein Viertel, das Slumcharakter hat. Sie selbst wohnt aber in einem echten Haus mit Strom. Unnötig zu erwähnen, dass wir ordentlich was zu essen gekriegt haben, obwohl wir vorher noch gesagt haben, dass wir zum Abendessen ausgehen. Um 18 Uhr treffen wir Liz und David und nehmen mit einem Inder vorlieb, weil der vorgesehene Chinese geschlossen hat. Super Essen, dass David leider nicht genießen kann, weil er mit seiner Mannschaft Arsenal leidet, die gegen Manchester United verliert.
Vor dem Schlafengehen versuche ich noch einen Shot aus der Schnapsflasche, die ich aufgrund fehlender Anlässe seit zwei Wochen mit mir rumschleppe und ärgere mich, dass ich sie nicht früher weggeschmissen habe. Von wegen Wodka schmeckt immer gleich.
Katha bekommt im Laufe des Abends ihre vierte (Schätzwert) große Liebe gestanden (nicht von David, der ist eine angenehme Ausnahme von den normalen Männern hier). Kenianer stellen sich dabei so unbeholfen an, dass man meinen sollte, sie machen selbst nur einen Scherz. Bei direktem Kontakt rutscht ihnen kein Kompliment, keine Andeutung von besonderer Zuneigung raus, danach setzen sie alles daran, die Handynummer zu kriegen und teilen dann einen Tag bis eine Woche später die große Liebe nebst Heiratswünschen oder anderen Zukunftsplänen per SMS oder, ganz mutig, Telefongespräch mit. Der besondere Reiz Kathas liegt neben ihrem exotischen Aussehen für Junggesellen vor allem in dem vermeintlichen Reichtum, der durch die weiße Hautfarbe signalisiert wird.

Buchungsstress

40. 09.11.2013

Irgendwann gegen 12 kommen wir aus unserem Zimmer, essen was, verschwinden wieder dorthin zurück, verschwinden in die Stadt, kommen zurück, essen was, schauen Fernsehen, schlafen. So sähe das der außenstehende Beobachter. Viel wichtiger ist natürlich die innere Handlung, also vor allem die im Zimmer. Heute wurden die Rück- bzw. Weiterflüge gebucht und nach langen Diskussionen, Suchen, Krisen, E-Mails, gescheiterten Anfragen, mehr Diskussionen, gelungenen Anfragen und einem bunten Topf Emotionen steht nun fest, dass wir vom 16. bis zum 23. Dezember in Dubai weilen werden, woraufhin Katha pünktlich an Heiligabend zu Hause sein wird und ich nicht sondern in Madras oder Chennai (selbe Stadt, zwei Namen), jedenfalls Indien.

Samstag, 9. November 2013

Wieder zu Hause

39. 08.11.2013

Keine Ahnung, wie ich es geschafft habe an beinahe durchgeschlafenen Tag eine durchgeschlafene Nacht zu hängen. Für diesen Umstand fühle ich mich unverhältnismäßig frisch und schaffe das komplette Frühstücksmenü. Katha hat einen kritischen Moment, weil das Warmwasser der mittlerweile funktionierenden Dusche bei ihr ausfällt. Dieses häufige Problem hat wohl schon einige Fässer zum überlaufen gebracht und Krisen bei Backpackern ausgelöst. Unser Gepäck zurücklassend machen wir einen Ausflug nach Tabaka, wo Seifenstein abgebaut und verarbeitet wird. Über 800 Steinmetze haben sich zu einer Kooperative zusammengeschlossen und vertreiben ihre Arbeiten international. Im Ort kann man sie für einen Bruchteil des Marktpreises kaufen. Und sie sind so schön, dass sie nicht wie normale Souvenirs nur als Andenken taugen!
Die Rückfahrt ist hinsichtlich Überfüllung rekordverdächtig (11 Personen in einem 5-Sitzer), im Hotel holen wir unser Gepäck ab und machen uns auf den Rückweg nach Eldoret. Für die gegebene Infrastruktur ist das Transportsystem ziemlich genial, auch, wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint. Es gibt Busse, Matatus und Shuttles. Busse fahren Langstrecken zwischen großen Städten, Tickets müssen vor der Fahrt gekauft werden. Matatus fahren dauernd und überall hin und dann los, wenn sie voll sind. Sehr billig und flexibel, aber auch ziemlich unkomfortabel und langsam. Shuttles sind entweder Autos oder bessere Kleinbusse, die ohne Zwischenstopps und mit reservierten Plätzen durchfahren, aber entsprechend teuer sind. Kommt man als Weißer auf einem der absolut chaotischen, unübersichtlichen Busbahnhöfe an, wird man sofort angequatscht und mit ein wenig Beharrlichkeit schnell zum passenden Gefährt gelotst. Für ein paar Euro fährt man durchs halbe Land und wenn da nicht die Straßen wären, ginge das ganze auch richtig schnell. Für die 250km von Kisii nach Eldoret brauchen wir "nur" vier Stunden. Als wir ankommen, ist der Strom seit eben jener Zeit ausgefallen, aber für heißes Wasser für eine Suppe reicht der Gasherd und müde genug um alles weitere auf den nächsten Tag zu verschieben sind wir auch.

Bilder:

Fischer auf dem Victoriasee

Unsere neuen Freunde auf Mfangano Island

Viele viele Seifensteine

Linus mit nettem Angestelltem (schwer zu erkennen) im Pool eines Luxuscamps

Katha auf einem Boot

Donnerstag, 7. November 2013

Krankheitsbedingte Ausfallerscheinungen

38. 07.11.2013

Protozoen sind Einzeller, und sie sind eine häufige Erscheinung in Entwicklungsländern, weil sie überall dort auftreten, wo die Hygiene mangelhaft ist. Man bekommt sie durch das Essen von ungeschälten Früchten, Eiswürfeln in Getränken oder Zähneputzen mit Leitungswasser. Sieht man von ein paar besonders fiesen Vertretern wie dem Malaria-Plasmoid ab (mit dem infiziert man sich aber nicht so leicht), sind die kleinen Tierchen eher nervig als gefährlich, man bekommt Bauchschmerzen, fühlt sich matt, Durchfall ist auch oft dabei. Es dauert ein bisschen, bis man die Dinger wieder loswird, mit Antibiotikum einige Tage bis Wochen, ohne können sie Jahre im Körper bleiben. Etwa 10% der Weltbevölkerung haben sie angeblich, die meisten spüren davon gar nichts. Ich schon, deswegen war ich heute überwiegend im Bett des Hotelzimmers in Kisii.

Was Fotos betrifft: Die sind auf meiner Kamera und ich bin zu faul, sie öfter als einmal pro Woche zu übertragen. Aber irgendwann gibt's wieder mal was zum angucken.

Zurück ins Hochland

37. 06.11.2013

Einen unglücklichen Hotelbesitzer zurücklassend verschwinden wir aus Mfangano Island über Mbita und Homa Bay zurück ins Hochland nach Kisii, wo die Biosphäre etwas weniger durchgedreht ist. Das vom Reiseführer angepriesene Hotel (wir wollten uns mal was gönnen) ist ein besseres Loch als das vom Vortag, hat aber weder funktionierende Dusche noch Klospülung. In der Hinsicht Hotelsuche müssen wir uns strategisch verbessern. Am Nachmittag besuchen wir das lokale Krankenhaus für das ein oder andere Blutbild und sind beeindruckt angesichts der hygienischen Zustände, die eher Richtung Baustelle gehen. Den Abend verbringen wir mit Essen und frühem Schlafen mit Träumen von Warmwasserduschen.

Insekten überall

36. 5.11.2013

Die Unterkunft, die zwar nett, aber doch sehr ranzig war, verlassen wir um 7 Uhr, um per Boot nach Mfangano Island über zu setzen. Die Fahrt ist wunderschön und gemächlich, der Victoriasee unvorstellbar riesig, meistens kann man das gegenüberliegende Ufer gar nicht erkennen. Auf der Insel angekommen, verbringen wir viel Zeit mit der Suche nach einer Unterkunft, was hier die Wahl zwischen Pest und Cholera bedeutet. Nicht ganz wortwörtlich, aber die Chance auf Brechdurchfall, Malaria und Wurmbefall ist hier rekordverdächtig. Die Insektenplage ist wohl auch der Grund, warum der Victoriasee touristisch kaum erschlossen ist. Außerdem ist Mfangano Island seiner Zeit ein wenig hinterher. Strom gibt es seit drei Jahren, die Wasserversorgung ist immer noch Sache des Einzelnen. Wir entscheiden uns für Pest und fahren daraufhin mit dem Motorbike zum einzigen Touristencamp auf der Insel, "Governor's". Hier können Menschen mit zu viel Geld fur 400$ am Tag entspannen, fischen und die Probleme in 2km Entfernung ignorieren. Durch eine geschickte Kombination aus Flugzeug- und Speedboattransport müssen die Gäste dort kein einziges Mal einen armen Menschen sehen. Als wir ankommen, sind keine Gäste anwesend und der Angestellte, der uns anfangs noch loswerden will, entpuppt sich als äußerst gastfreundlich. Wir dürfen sogar den Pool der Anlage benutzen und bekommen die beste Suite gezeigt, Bett mit Blick auf den See, Brandung zum Einschlafen undso. Dann fahren wir zurück nach Sena, "Hauptstadt" von Mfangano und begleiten den sympathischen Angestellten nach Hause. Von dort besteigen wir einen der vielen Hügel der Insel und essen schließlich gemeinsam mit den neuen Freunden, wobei sie keine Mühen scheuen und fünf verschiedene Gerichte zubereiten (etwas Spinatähnliches, bittere und sehr gesunde grüne Blätter, Tomaten-Ei-Omelette, Mini-Sardinen und natürlich Ugali). Obwohl ich mittlerweile gerne Fisch esse, stellen die Sardinen eine Belastungsprobe für mich dar, weil sie so schmecken, wie ein Fischkutter riecht und ich den intensiven Geschmack eigentlich nicht abkann.
Nach obligatorischem Fotos machen und Kontakte austauschen gehen wir runter zum Hafen und unserem Guesthouse. Eigentlich wollten wir die Fischer begleiten, aber wegen eines Gewitters bleiben die heute an Land. Im Zimmer stellen wir fest, dass es neben Insekten, die durch ihre Anzahl der weißen Wand ein hübsches Camouflage-Muster verpassen,  auch Mäuse und Ratten beherbergt, die auch Mal aufs Kopfkissen machen. Nach einer ziemlich widerlichen Nacht fühle ich mich matt und habe einen schweren Kopf, aber trotzdem genug Wut im Bauch, um den Sohn der Besitzerin zusammenzustauchen und nach längerer Diskussion einen ordentlichen Rabatt auf das Zimmer zu bekommen.

PS: Trotz alledem, wir sind während der Trockenzeit hier, in den Regenmonaten gibt es noch ein Vielfaches an Viechern. Aber darüber will ich jetzt nicht nachdenken.

Montag, 4. November 2013

Am See

35. 4.11.2013

Erneut Frühstück mit Alex, dem Briten. Wir haben am Bootssteg eine Frau gefunden, die jeden Morgen frisch Mandazis bäckt und gehen damit zurück zum Hostel, um sie dort mit Tee zu essen. Dann verabschieden wir uns von Alex und Laramie, die weiter nach Nakuru fahren und brechen selber auf nach Lwanda K'Otieno, von wo aus eine Fähre nach Mbita den Victoriasee überquert (an einer sehr schmalen Stelle). Hier übernachten wir, um morgen eine weiteres Boot nach Mfangano Island zu nehmen, was wieder zwei Tage ohne Netz bedeutet, dort gibt es nämlich noch nicht mal Strom oder Leitungswasser. Nach sehr afrikanischem Abendessen (Mbita ist zu klein für internationale Küche) sitzen wir jetzt im Bett unter einem obsoleten Moskitonetz, weil die meisten Viecher durch die groben Maschen passen. Auch DEET beeindruckt sie nicht sonderlich. Ob sie stechen, wissen wir spätestens morgen. Man fragt sich jedenfalls, wie menschliches Leben hier vor dem Zeitalter von Antibiotika, Malariamedikamenten, Repellants und Moskitonetzen überhaupt möglich war. Es sind einfach SO viele Insekten hier, und sie kommen überall hin, sei es nur durch ihre schiere Masse.

Sonntag, 3. November 2013

Reisebekanntschaften

34. 3.11.2013

Wie es sich für so ein Hostel gehört, lernen wir recht schnell Leute kennen: Einen Amerikaner aus Virginia, der bereits in Vietnam gekämpft hat und seit '94 im Ruhestand ist. Seitdem ist er jedes Jahr drei Monate auf Reisen. Dann ein Pärchen aus Oxford, sie seit eineinhalb Monaten, er seit sechs Tagen in Kenia, beide 23. Und zuletzt ein anderes Paar aus Berlin, beide Ende Zwanzig, alteingesessene Backpacker, aber diesmal leider nur drei Wochen Zeit. Mit den Briten gehe ich auf Frühstückssuche, finde billige, frische Mandazi (süße, fettige Teigtaschen), nur, um sie zusammen mit überteuertem Tee zu genießen. Dann holen wir Katha im Hostel ab, gehen Shoppen (Früchte und Souvenirs), weiter zum Hindu Tempel, wo wir spontan zu einem genialen indischen Mittagessen eingeladen werden, zum Hippo Point direkt am See, aber ohne Flusspferde, stellen fest, dass sich der Eintritt für das Wildlife Sanctuary (Mischung aus Zoo und Nationalpark) verdreifacht hat und essen, nach Rückkehr zum Hostel und nun auch in Begleitung des Amerikaners, richtigen Kuchen. Im Café sind mehr Weiße als Schwarze und überhaupt ist das hier die erste Stadt die sowas wie touristische Infrastruktur hat (obwohl sie Touristen eigentlich nicht viel bietet). Nach erneutem Zwischenstopp in der Unterkunft Abendessen im selben Kreis bei einem Restaurant mit deutschem Besitzer, ich trinke eins mit den Briten, die trinken ein zwei mehr und es gibt nette Gespräche. Die setzen sich übergangslos auf der Dachterrasse fort, nur auf Deutsch, mit dem Berliner. Ich würde die Leute echt gerne näher vorstellen, aber das wäre echt zu viel Schreibarbeit. Alle sympathisch und interessant außerdem, die Engländer treffen wir möglicherweise sogar wieder, an der Küste. Und obwohl es mir im Beisein zweier Raucher auf der Terrasse nicht leicht gemacht wurde, habe ich widerstanden. Ab und zu braucht man Bestätigung,  und sei von einem selbst.

Samstag, 2. November 2013

Aus der Wüste

33. 1. / 2.10.2013

Die Rückfahrt kommt sehr plötzlich über uns, in Form eines 4-Rad Trucks, der einen Gast um halb elf vorbeibringt und sowieso nach Lodwar muss. Für ein paar Euro dürfen wir mitkommen. Die Fahrt ist zwar sehr komfortabel, aber kommt nieniemals an das Motorbikeerlebnis ran. In Lodwar haben wir noch sechs Stunden bis zur Rückfahrt nach Kitale via Bus und beschließen, auf einen der umgebenden Hügel zu steigen, zwecks Fotos, Sicht undso. Katha muss auf halbem Weg zurückbleiben, FlipFlops eignen sich einfach nicht für loses Geröll und Dornengestrüpp. Oben geht so etwas wie eine Brise, die von der brennenden Sonne aber locker kompensiert wird.
Pünktlich (fast) um viertel sieben geht unser Bus, der dieses Mal nur sagenhafte acht Stunden für die 270km benötigt. Wir sitzen dafür direkt über der Hinterradachse, kriegen jeden Stoß also 1:1 mit. Ungefähr einmal pro Stunde kommt ein Schlag der Größenordnung die einen gegen den Vordersitz schleudert, sodass wir  bei Ankunft um vier Uhr morgens höchstens 1,5 Stunden geschlafen haben. Aber als Weißer, sprich Geldquelle, wird man sofort zum entsprechenden Anschlussmatatu geleitet. Nach einfachem Frühstück am Busbahnhof fahren wir weiter nach Kisumu, gelegen am Victoriasee und mit 500 000 Einwohnern drittgrößte Stadt Kenias. Sie wirkt sehr viel sauberer und europäischer als alles was wir bisher sahen. Zum ersten Mal findet sich eine klassische Backpackerbleibe: Günstig, nicht spottbillig, zentral, mit Dachterrasse und Gruppenraum. Außerdem hat das Haus selbst eine tolle Architektur. Jetzt gerade im Moment des Schreibens sind wir übermüdet und hungrig und müssen sehen, welcher Trieb demnächst oberhand gewinnt. In dieser Stadt gibt es von Ugali über Pizza bis hin zu Schweinshaxn jedenfalls alles.

In der Wüste

32. 31.10.2013

Ich muss mich schon wieder korrigieren: Ich habe geschrieben, dass wir leider nur eine Nacht bleiben können. Aber aus mir unbekannten Gründen ist das Zelt jetzt doch noch eine Nacht zu haben. Nach aktuellem Stand könnte es sogar ungewollt auf eine dritte Nacht hinauslaufen, weil wir am 1. November keine Rückfahrmöglichkeit haben.
Ich stehe für den Sonnenaufgang um 6 Uhr auf, schwimme ein bisschen im See, frühstücke, und dann kommt die Hitze. Zwischen zehn und 17 Uhr ist man entweder im Wasser oder im Schatten. Bei ersterem muss man allerdings aufpassen, die Sonne hier kann gar nicht überschätzt werden. Ich habe einen Sonnenbrand trotz zweimaligen Eincremens. Abends sind wir dann gemeinsam beim Personal, mit dem wir uns teilweise angefreundet haben, bzw. sie sich mit uns. Ich weiß nicht, warum und was, aber irgendetwas haben sie an uns gefunden. Wir dürfen ihr Porridge probieren, kriegen Essen abseits la carte und die eine oder andere Ermäßigung. Ebenfalls sympathisch sind die Besitzer, ein Schweizer und ein Münchner, die ihre jeweiligen Dialekte ins Englische mitnehmen. Später am Abend kann man sich in den hauseigenen Pool legen, der sich aus der Quelle (Eliye SPRINGS) speist und ~34 ºC warm ist, dort im Wasser treiben und einen von Großstädten und Lichtsmog unbeeindruckten Sternenhimmel sehen.
Fazit: Fantastisch!

In die Wüste

31. 29./30.10.2013

Das mit dem "geteerte Straße" ist so nicht ganz richtig. Deswegen war auch das mit dem tagsüber nur zur Hälfte zutreffend. 270km, Bayreuth - München,  wie lange braucht man dafür? Zwei Stunden, vielleicht drei, bei viel Verkehr oder Baustellen. Oder eben 13, wenn die Straße in "erbärmlichem" (Zitat Reiseführer) Zustand ist. Wobei ich als Deutscher bei den Stichworten "erbärmlich" und "Teerstraße" an viele Schlaglöcher und ausgewaschene Teilstücke denke. In Wirklichkeit sind vom einstigen Teerbelag nur kleine Inseln geblieben, die zu befahren noch schädlicher für das Fahrzeug ist, als gleich die schräge Rinne daneben zu benutzen. Ich erlebe Neigungswinkel, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie mit einem Bus möglich sind (und der Busfahrer scheint sich auch nicht immer sicher zu sein). Die Landschaft entschädigt zwar nicht für den Fahrkomfort, ist aber sehenswert, besonders der langsame Übergang von gebirgigen, fruchtbaren Tropen über Savanne bis zur Wüste, wo nur noch ein paar Akazien stehen. Und so holpern wir in Lodwar um 2 Uhr nachts ein (offizielle Abfahrtszeit in Kitale: 10 Uhr morgens), glücklicherweise hat sich bereits während der Fahrt jemand gefunden, der uns ein (überteuertes) Taxi zu einem Hotel organisiert. Da die kenianische Armee zur Zeit irgendwelche Manöver durchführt, gibt es nur noch zwei Einzelzimmer. Beide zu nehmen wäre zu teuer, eins ist komfortabel, aber mit Minibett, das andere desolat, aber mit breitem Bett. Ein bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang wird die Hitze - Deckenventilator hin oder her - sowieso unerträglich, wir nehmen das Ranzzimmer für die paar Stunden Schlaf.

Unser Plan für heute ist, uns irgendwie nach Eliye Springs durchzuschlagen. Der Ort liegt malerisch am Lake Turkana, dem größten Wüstensee der Welt. Dort gibt es eine halbwegs günstige Lodge und einen der wenigen Strände ohne Krokodile. Die Straße dorthin ist eine bessere Spur im Sand, es gibt keinen öffentlichen Verkehr und der Lonely Planet schlägt vor, für 50€ ein Auto zu mieten. Wir treffen beim Frühstück auf ein paar "Guides". Eine Gruppe von 20 jungen Locals versucht den Tourismus in ihrer Heimat anzukurbeln und bietet uns, nach zähen Verhandlungen, einen Trip auf Motorbikes für 30€ an. Die 50km dauern, dank Panne, 2 Stunden und waren das schönste, was ich hier bisher erlebt habe. Die Fahrer sind Turkana, kennen also die Gegend und die Menschen dieses Hirten- und Fischervolks, das teilweise immer noch nomadisch lebt. Während der Pannenreperatur mitten in der Wüste kommen zwei junge Turkana vorbei, einer nackt, der andere mit einer Art Tuch und Umhang zugleich bekleidet, beide mit Hirtenstäben. Sie sehen aus wie 10 und 16, haben aber nie eine Schule besucht, können also kein Englisch und auch kein Kishuaheli. Im Tausch gegen einen Abzug der Familie des Weißen darf dieser sogar ein Foto machen. Die gesamte Fahrt ist ein wahnsinnig intensives Erlebnis. Die heiße Luft, die den Mund austrocknet, Sand, der auf einen einprasselt, die Weitläufigkeit der lebensfeindlichen Landschaft und trotzdem Kamele, Ziegen und einige Hüttensiedlungen auf dem Weg.
Wie wir zurückkommen, ist noch nicht ganz klar. Vielleicht finden wir eine Trampmöglichkeit, im schlimmsten Fall müssen wir nochmal für die Motorbikes zahlen. Bleiben können wir nur eine Nacht, ab dem 31. ist alles ausgebucht, weil hier am 3. November eine 14-sekündige Sonnenfinsternis stattfindet und es scheinbar genug Europäer gibt, denen das ein Flug nach Kenia wert ist. Die Lage ist traumhaft, der See hat ungefähr 30ºC und nach kurzer Rücksprache mit der überaus netten Rezeptionistin dürfen wir uns von den Turkana-Fischern einen Fisch aus dem See kaufen und zum Abendessen zubereiten lassen.
In etwa zwei Tagen sind wir dann wieder in der modernen Welt mit Internet, Schulpflicht, Selbstverwirklichung usw. Aber falls ich mal genug von allem habe, weiß ich jetzt, wo ich hin muss, immerhin waren schon Hippies hier.